Kraft der Lichtwerdung: Die Ursprünge der geweihten Nächte
Unsere Altväter Nord-, Ost-, Südgermaniens (worunter auch Westgermaniens fällt) erfuhren den hellen Tag aus der finsteren Nacht, die am Anfang des Daseins herrschte. Die Norne, die alles in ihrem schwarzen Gewande gehüllt hatte.
Der Schöpfungsbeginn wird in der alten Wikinger-Fibel Edda (Buch der Urgroßmutter) beschrieben: zur Wintersonnenwende, als die Sonne vom Süden den Rand des Himmels hielt. Die Sonne wandert vom Aufgangspunkt im Osten zum Süden, steigt dabei höher, bevor sie sich dem Horizont zuneigt und die Schatten länger werden.
Unsere Urahnen nannten ihre Feiertage nach Nächten und Abenden: Sonn-Abend, Fast-Nacht, Weih-Nacht (althochdeutsch: wihi-nahtin). Anfangs war die Urwelt vereist. Erst als die Eisriesen (Gletscher) von der „Himmelkuh“ (Sonnenstrahlen) getötet wurden, ertranken die übrigen Bergriesen in ihrem Blut (Schmelzwasser).
Die Germanen nannten das Weltall Ginnungagap (gähnende Schlucht) und trennten die Eiswelt (Niflheim: Nebelwelt) von der Feuerwelt (Muspelheim: Moorspalterwelt). Dazwischen lag der Jungbrunnen Hwergelmir, aus dem die Lebenswasser Eli-Wagar flossen.
Eli ist einer der ältesten bekannten Gottestitel, vergleichbar mit Allah, El, Helios und anderen. Die Begriffe ‚Amen‘, ‚Om‘, ‚Omi‘ und ‚Amun‘ sind ebenfalls alte Anrufungen des Göttlichen. Weitere Beispiele sind die Begriffe ‚Atta‘ (Vater), ‚Athma‘ (Seele), ‚Adonai‘, ‚Adonis‘, ‚Aton‘, ‚Odin‘, ‚Odem‘ (Atem) und viele mehr. Interessant ist, dass viele dieser Begriffe nicht nur mit dem Göttlichen, sondern auch mit der Sonne in Verbindung gebracht werden.
Religionsforscher sehen in Niflheim den eiskalten Winter und in Muspelheim den heißen Sommer, zwischen denen das lebendig erwachende Frühjahr liegt. Im alten Norden kannte man nur diese drei Jahreszeiten, weil der Herbst noch als Teil des Winters angesehen wurde. So zählten die Germanen die Jahre nach erfolgreichen Schlachten (wie die Hermannsschlacht, die 9 Jahre nach Christus stattfand) und ihre Lebensjahre nach überstandenen Wintern. Auch in der Edda beginnt die Zeit mit der Sonnenwende, wo die Sonne den Himmelsrand berührt. Die Edda spricht von einem Weltbaum, womit sie wohl die um 24 Grad geneigte Erdachse meinte. Wenn dieser Baum umstürzt, endet diese Welt und überlässt eine nachfolgende Welt ihren Platz.
In der Edda beginnt die Zeit mit der Sonnenwende, wenn die Sonne den Himmelsrand berührt. Der Weltbaum, oft als Symbol für die Erdachse gedeutet, steht dabei im Zentrum. Wenn dieser Baum fällt, endet die Welt und eine neue beginnt.
Der ewige Zyklus von Licht und Dunkelheit
Der germanische Friedensgott Baldur symbolisiert die helle Jahreszeit, während sein blinder Bruder Hödur (Hader, Zwietracht) die dunkle Jahreszeit regiert. Baldur, das „Sonnenkind“, wurde zur Wintersonnenwende (21. Dezember) geboren. Mit ihm wurde es täglich vier Minuten heller.
Zur Sommersonnenwende (21. Juni), wenn der helle Tag am längsten währt, wird Baldur vom blinden Hödur durch die List des Feuerteufels Loki mit einem Mistelpfeil getötet. Das Licht der Welt erblasste. Astrologisch entspricht dies der Überquerung der Sonne über den Zenit, dem Höhepunkt des Jahreszyklus. Baldurs Geburt wurde als Lichterfest weltweit gefeiert und im Norden holte man sich das frischduftende Tannengrün ins Haus.
Mythologisch endet jede Sommer-Sonnenwende in einem kleinen Weltuntergang (Ragnarök), wie der Schlaf auch als kleiner Bruder des Todes gedacht wurde. Folgerichtig erzählt Baldurs Bestattung in einem dem Meer lodernd ausgesetzten Nachen (in einem brennenden Schiff auf dem Meer) auch den täglichen Untergang der Sonne im Westen. Ebenso verläuft der eddische Weltuntergang Kraft der vier Elemente: Muspels-Feuer – Reiter, Sturmadler Hräswelg, Ozeanschlange Ermengand ( Zunami ) , Höllenhund Fenrir. Es ist auch nicht bedeutungslos, dass des lichten Gottes Baldurs Weib, die treue Nana ist, die den Namen der babilonischen Mondgöttin trägt. Baldurs weisse Augenbrauen hätten der heilkräftigen Kamille den einheimischen Namen „Baldersbraue“ gegeben. Dieser Heilstee wächst besonders gerne auf Hünengräber und ähnliche Böden. Nach der Sommer-Sonnenwende (gesetzlicher Feiertag in Schweden) werden die dunklen Tage täglich 4 Minuten Länger bis zur Winter- Sonnenwende, unseren „geweihten Nächten“ – Weihnachten.
Ob Krishna, Baldur oder Christus – ihre esoterischen Erzähler setzten sie mit dem Jahreslauf der Sonne in Verbindung. Das Christentum legte den Geburtstag Christi bewusst auf die Wintersonnenwende und setzte die Zeitrechnung (König Herodes war sechs Jahre vor Christi Geburt bereits verstorben) auf den Eintritt der Sonne in das Tierkreiszeichen Fische (Symbol Jesus), wie die ersten Christen als „Menschenfischer“. Die Jungfrau als Tierkreiszeichen trägt altertümlich eine Kornähre und die Geburtsstätte Bethlehem bedeutet „Haus des Brotes“. Das dort geborene Sonnenkind findet unter einem Sternenkreuz sein Ende und sinkt unter dem tiefhängenden, hellsten Wintersternbild Orion (Höllenfahrt) zur Erde. Orion hat die Gestalt eines Kreuzes und die drei Gürtelsterne werden noch heute „die drei Heiligen“ genannt, womit die drei zoroastrischen Magier aus Persien (Morgenland) gemeint sind. Der Halleysche Komet war jedenfalls in diesem Jahr nicht zu sehen, und nur die Konjunktion von Jupiter und Saturn erschien dreimal. Saturn ist das Landeszeichen von Palästina.
Als die Jünger Jesus fragten, wann sein Reich ende, antwortete er astrologisch: „Wenn der Mann mit dem Wasserkrug sein Haus betritt.“ Er bezog sich auf das Tierkreiszeichen Wassermann, womit das beginnende Wassermannzeitalter das christliche Fischezeitalter beendet. Esoterisch wurde das jüdische Widderzeitalter (Gottvater) vom christlichen Fischezeitalter (Sohn – Jesus) abgelöst und dieses wird vom eintretenden Wassermannzeitalter (Heiliger Geist, Spiritualität) abgelöst. Die alten Astrologen rundeten jedes Tierkreiszeitalter auf etwa 2000 Jahre ab. Der Frühlingspunkt (21. März) wandert im 2000-Jahres-Rhythmus durch den Tierkreis. Astronomisch genauer sind es alle 2160 Jahre. Multipliziert man diese Zahl mit 200, erhält man die Zahl des letzten indischen Weltjahres (Kali Yuga) mit 432.000 Erdenjahren (erwartetes Weltende Ragnarök). Die Edda bestätigt diese Zahl: Ragnarök beginnt, wenn aus 540 Himmelstoren jeweils 800 Einherjer (Mönche) heraustreten (540 x 800 = 432.000).
Achtsamkeitsübung: Licht und Schatten wahrnehmen
- Suche dir einen ruhigen Ort und eine Kerze.
- Zünde die Kerze an und beobachte aufmerksam das Licht und die Schatten, die sie wirft.
- Denke dabei an den ständigen Wechsel von Helligkeit und Dunkelheit in deinem Leben.
- Nimm die Wärme des Lichts bewusst wahr und spüre, wie sie dich mit Energie erfüllt.
- Schließe die Übung ab, indem du drei tiefe Atemzüge nimmst und dich auf das Gefühl der Ruhe konzentrierst.
Weiterführende Literatur
- Simek, Rudolf: Lexikon der germanischen Mythologie.
- Lindow, John: Norse Mythology: A Guide to Gods, Heroes, Rituals, and Beliefs.
- Dumézil, Georges: Götter und Mythen der Germanen.
- Ellis Davidson, H. R.: Gods and Myths of Northern Europe.