Schopenhauers Blinder Wille
Vorwort
Die westliche Philosophie hat im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Denker hervorgebracht, deren Ideen bis heute nachhallen. Arthur Schopenhauer ist einer dieser bedeutenden Philosophen, dessen Werk die metaphysischen und ethischen Grundlagen des menschlichen Daseins in Frage stellte. In diesem Kapitel beleuchten wir Schopenhauers Konzept des „blinden Willens“, eine Idee, die sowohl die westliche als auch die östliche Philosophie beeinflusst hat und tiefgreifende Auswirkungen auf unser Verständnis von Leid, Glück und der menschlichen Existenz hat.
Arthur Schopenhauer (1788-1860 nach Christi) war ein aufschreckender Philosoph aus der deutschen Hansestadt Danzig, dem es später in die westlichere Hansestadt Hamburg verschlug. Seine Mutter war eine beachtete Schriftstellerin mit allerhand Liebeleien, und sein Vater ein erfolgreicher Kaufmann. Als er von seinem verstorbenen Vater eine ausreichende Erbschaft erhielt, kam es zum Bruch im angespannten Verhältnis zum literarischen Zirkel seiner Mutter. Immerhin machte ihn seine finanzielle Unabhängigkeit frei von kirchlicher Lehrbevormundung. So konnten seine geistigen Strömungen auch indische Philosophien integrieren. Er schuf eine mechanische Schöpfungsgeschichte, in welcher er zum Schrecken der Kirche den lieben Gott arbeitslos machte.
Schopenhauer war als Mensch recht sparsam und eigenbrödlerisch, was wohl auf seine Mutter rückführbar ist, die sein Genie nicht anerkennen wollte. Sein geliebter Pudel trug den indischen Namen „Atma“ (Seele) und eine bronzene Buddhafigur zierte sein Zimmer. Er teilte das Schicksal vieler großer Männer, deren hinterlassene Werke erst nach seinem Tode gewürdigt wurden. Sein Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung“ wäre ihm kapitelweise durch himmlische Eingaben zuteil geworden. Nicht ganz so fromm verscheuchte er eine im Hausflur schwatzende ältere Näherin so, dass er ihren Treppensturz verschuldete und ihr gerichtlich lebenslänglich 15 Taler (Dollar) vierteljährlich Schadensersatz zugesprochen wurde. Als die gute Dame starb, tröstete sich Schopenhauer in seinem Tagebuch mit den Gedanken an die getilgte Zahlungsfrist. Wieder einmal ein Beleg für die Kluft der Schere zwischen Wissen und Wandel.
Schopenhauer nennt das Leben konkret „blinder Wille“, der sich am Ende selber ein Licht angezündet hat, indem er sich seiner Daseinsweise bewusst wurde. Nach Schopenhauer ist der kosmische Wille böse, denn alles Leben endet in Leiden. „Obwohl der Tod (MARA) zuletzt den Sieg davonträgt, verfolgt der Mensch seine nichtigen Ansichten, wie eine Seifenblase, die er so weit wie möglich aufblasen möchte, obwohl er weiß, dass sie zerplatzen wird.“ Schopenhauer leugnet Glück, da jeder Wunsch Schmerz verursacht, entweder durch Nichterfüllung, Verlust oder durch Überdruss. Der so hoch begehrte Geschlechtsakt führt zur instinktiven Scham, weil durch die Fortpflanzung eine neue Möglichkeit zu Leiden und Sterben geschaffen wird. Leiden wird verursacht durch die Intensität des Willens; je weniger wir von diesem Willen Gebrauch machen, umso weniger werden wir leiden. Um dies zu vervollkommnen, muss der Wille alle Handlungen einstellen, die für andere Lebewesen leidhaft sind. Wenn wir die Welt so richtig sehen, verdunkeln sich alle Farben der Erscheinungswelt. Was dann nach gänzlicher Aufhebung des Willens übrig bleibt, ist für alle die, welche noch des Willens voll sind, vollkommenes Nichts, das Nirvana (Verwehen), absolutes Freisein vom Leiden.
Fazit
Arthur Schopenhauers Philosophie des „blinden Willens“ stellt eine radikale Infragestellung der menschlichen Existenz und des universellen Strebens dar. Sein Werk, das sowohl von westlichen als auch östlichen Gedanken beeinflusst ist, bietet eine düstere, aber tiefgründige Sichtweise auf das Leben und das unvermeidliche Leiden, das es mit sich bringt. Schopenhauers Ideen fordern uns heraus, die Natur unserer Wünsche und den Kern unserer Existenz zu überdenken. Obwohl seine Ansichten oft als pessimistisch wahrgenommen werden, bieten sie auch einen Weg zur Befreiung vom Leiden durch die Aufhebung des Willens.
Literatur und Quellen
- Schopenhauer, Arthur. Die Welt als Wille und Vorstellung. Leipzig: F. A. Brockhaus, 1819.
- Safranski, Rüdiger. Schopenhauer und die wilden Jahre der Philosophie. Carl Hanser Verlag, 1987.
- Haldane, Elizabeth S., und Kemp, Richard. The Philosophy of Schopenhauer. Dover Publications, 2011.
- Young, Julian. Schopenhauer. Routledge, 2005.
Weiterführende Literatur
- Gardiner, Patrick. Schopenhauer. Penguin Books, 1963.
- Magee, Bryan. The Philosophy of Schopenhauer. Oxford University Press, 1997.
- Janaway, Christopher. Self and World in Schopenhauer’s Philosophy. Clarendon Press, 1989.
- Hamlyn, D. W. Schopenhauer: A Very Short Introduction. Oxford University Press, 2002.
Diese Werke bieten eine umfassende Auseinandersetzung mit Schopenhauers Philosophie und ihren Auswirkungen auf das moderne Denken.