Mein lieber Sokrates

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Vorwort:

Willkommen, werte Freunde, zu einer Reise in die Tiefen der Philosophie des antiken Athen. Das folgende Theaterstück, „Mein lieber Sokrates“, entführt uns in die Welt der Sophisten, der Freundschaft und der grundlegenden Fragen nach dem Glück und der Notwendigkeit im Leben. Im Herbst 2013 erschaffen, soll dieses Stück nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen über die Weisheit und den Lebensstil des großen Sokrates.

Mein lieber Sokrates.      
Ein Epos von Potthapada  in 149 Strophen.         Herbst 2o13.

Aufzug. (Xanthippe)

  1. ) Aristippos  (zu Sokrates):
            Mein lieber Sokrates,

            Freund des Athener Staates,

            die Sophisten trachten,

            dich zu verachten!
  1. ) Sokrates:
            Die Sophisten allemale,

            sind nur Scharlatane!

            Hirnlos sie schwatzen,

            für Heller und Batzen!
  1. ) Aristippos:
            Und wie ist es mit Dir bestellt?

            Lebst du nicht auch nur vom Geld?

            Tust Du nicht danach streben,

            glücklich zu leben?
  1. ) Sokrates:
             O Aristippos,du  errichteste dir,

             ein ansehnliches Häuschen hier!

             Antworte mir mit Ehrlichkeit,

             geschah das aus Notwendigkeit?
  1. ) Aristippos:
            Mit absoluter Sicherheit

             geschah das aus Notwendigkeit!

             Gegen Hitze,Wind und Regen,

             schützt es mir allentwegen!
  1. ) Sokrates:
             Dann kannst du mir auch sagen:

              mußt du zwei Gewänder tragen?

              Oder benötigst Du

              ein zweites Paar Schuh ?
  1. .) Aristippos:
            Beim Apollon und beim Zeus !

             Nicht benötige ich sowas Neu‘s !

             Alles Mehr ist Eitelkeit,

             so leb‘  ich in Zufriedenheit!
  1. ) Sokrates:
            Hier hast du den Befund,

            ich zog ihn grad aus deinen Mund,

            so wie meine Mutter,die Hebamme,

            Neues zieht aus altem Stamme!
  1. ) Aus dir selbst belehrtest du:
           wer barfuß geht,braucht keine Schuh,

           und Wen ein schlichtes Kleid schon ziert,

           nach keinem zweiten Gewande giert!

1o.    ) Mich macht eine Scheune froh,

           ruh ich darin auf trocken Stroh!

           Wasser löscht des Durstes Brand,

           Wein schadet doch nur den Verstand!
  1. ) Und wenn mich‘s  zwackt in meinen Magen,
            tu kluge Rede ich vortragen,

            dafür gibt Jeder gerne Brot,

            so  erleid ich nirgend eine Not!
  1. ) Niemand schade ich so seit langer Zeit,
             bin glücklich durch Zufriedenheit!

             Selbst die Götter im Olymp,

             begehren mehr als ich bestimmt!
  1. ) Aristippos:
            Trete doch ein in mein Haus,

             ruhe dich dort etwas aus!

             Nicht treff‘ ich oft einen weisen Mann,

             der kostenfrei belehren kann!

            Sokrates  (betritt das Haus):
  1. ) Deshalb hassen mich die Sophisten,
             haben Angst,daß sie so leben müßten

             wie ich,der kostenlos belehrt

             und nicht anderer Leute Geld verzehrt!

             Aristippos:
  1. ) Du hast dich gut im Krieg geschlagen,
             gingst barfuß selbst an Wintertagen,

             ertrugst gelassen Hunger auch,

             selbst mit deinem dicken  Bauch!
  1. ) Den Körper zähmtest du wie ein Pferd,
              nun wäre es schon wissenswert,

              wie es dir gelang,

              zu züchtigen des Körpers Drang?

              Sokrates:
  1. ) O Aristippos,bist du naiv,
             der mit offenen Augen schlief!

             Was würdest du  beginnen,

              brennt dein Haus und alles was darinnen?

              Aritippos:
  1. ) Auf Zeus würd ich vertrauen,
             und mir ein Neues bauen!

             Wenn nicht hier,so denn dort,

             oder an einem besseren Ort!

             Sokrates:
  1. ) Mit dieser Antwort kann ich leben,
             die hast du dir selbst gegeben!

             Das Haus meiner Seele ist mein Leib,

             in dem ich nicht ewig wohnen bleib.

2o.     ) Bevor Flammen verzehren dies Haus,

             lösche ich lieber das Feuer aus!

             Will ich in Frieden darin leben,

             darf‘s nicht viel Zierrat  `drin geben!

            Aristippos:
  1. ) Mit diesen Worten,den Schlichten,
              läßt sich deine Bescheidenheit sichten.

              Binsenweisheiten halten Sophisten feil,

              doch wie ward dir dein Wissen zuteil?

              Sokrates:
  1. ) Sophronikos,mein guter Vater,
              der Bildhauerei Vervollkommnung tat er!

              Im Geiste  befand sich zuerst sein Plan,

              nachdem er den Stein zu gestalten begann!
  1. ) Die Seele hat das Reich der Ideen geschaut,
              nachdem er auf Erden den Stein behaut!

              Nichts kommt hier der Vollkommenheit gleich,

              wie die Pläne im Ideen-Reich!
  1. ) Wenn abgelaufen unsere Lebenszeit,
              wechseln wir die Körper wie ein Kleid.

           Kehren wir dann auf Erden zurück,

           erinnern wir uns oft an des Himmels Glück.
  1. ) Die Sophisten ihre Wiedergeburt scheuen,
            kommen sie zurück in die Körper von Säuen!

            Sie werden ihre Leibesgier nicht vergessen

            und weiterhin saufen,hurren und fressen!

            Aristippos:
  1. ) Du sagtest,mein lieber Sokrates,
             Weisheit,ein Jeder hat es!

             Lernen,ob Daheim oder in Schulzimmern,

            heißt einfach:sich selbst erinnern!

            Sokrates:
  1. ) Lebender Beweis dafür bist doch Du!
            Dir selber fiel dieser Gedanke zu!

            Der gesunde Menschenverstand,ob Fern ob Zuhaus,       (Man lernt nur bis zum 6  Jahr,

            sammelt Erkenntnis aus sich selbst stets heraus.               Danach vergleicht man alles nur!)

            Aristippos:
  1. ) Wie der Sonnenschein,den Tag begrüßt,
             so Sokrates unser Sein versüßt!

             Aus welchen Haus er auch verschied,

             sein Wissen blieb als Asteroid.
  1. ) Abschied von Dir könnt ich nicht ertragen,
             so möchte ich dich höflich fragen:

             möchtest Du bei mir bleiben?

             Meine Tochter Xanthippe,wär dein eigen!

3o.        Nicht nur mein hübsches Töchterlein,

             mein ganzes Gut wäre dann auch dein!

             Denn der Menschen größter Besitz,

             ist und bleibt der Witz!                                                 (Witz=Wissen)

            (Xanthippe  setzt einen Blumenkranz den Gast aufs Haupt und spricht):
  1. ) Dieser herrliche Blumenkranz,
            macht sichtbar deinen wahren Glanz.

            So wie all die Blümelein,

            pflanzt Worte du ins Herz hinein!
  1. ) Sokrates:
            Gern würd ich dich auf Händen tragen,

            doch wüßt ich nicht wohin zu sagen!

            Kein Drachme drückt in meiner Tasche,

           nur Straßenstaub und Feuerasche!

           Aristippos:
  1. ) Ich bitte dich,du wohnst dann hier,
            dein Wissen ist die größte Zier!

            Selbst in der beßten Akademie,

            lehrte ein Weiser wie du noch nie!

            Sokrates:
  1. ) Eine Regel beding ich mir aus:
             ich belehre die Leute außer Haus!

             Xanthippe kann mir wahrlich nützen,

             und vor leibliche Sünden schützen!
  1. Aufzug (Auf dem Markt-Platz):
               (Aristippos trifft Xanthippe und spricht):
  1. ) Sag mein geliebtes Kind,
             wo Sokrates und seine Schüler sind?!

             Dein Mißmut kann ich verstehen,

             du bekommst ihn ja kaum zu sehen!

             Xanthippe:
  1. ) Schon seit vielen Jahren,
              strömen  zu ihm die Jugendscharen,

              aus ganz Attika,

              wo man nur Sokrates sah !
  1. ) Manche Leute ihn trafen,
              selbst in  Piräus am Hafen,

              Vielleicht sitzt er irgendwo herum,

               und hält ein Symposium !?

 (In einer Menschengruppe findet Aristippos den Sokrates welcher spricht:  
  1. ) Nicht sollt ihr mich ein Weiser nennen!
             Als Nichtwissender muß ich mich bekennen!

             Und damit bin ich ja allein

             zu wissen,kein Wissender zu sein!
  1. ) Das Ziel aller Forschersachen
             ist:die Menschen besser zu machen!

             Der Weg zur Vernunft läuft jederzeit

             über die menschliche Sittlichkeit!

4o.     )   Sittliches Handeln aus einsichtiges Denken,

              wird den Wandel  zum rechten Wege lenken.

              Wer für Gerechtigkeit leben will,

              lebt widerspruchfrei bescheiden still!
  1. ) Die ewigen Urbilder nie vergehen,
             Wirklichkeit sind Abbilder nur,die wir sehen!

             Die höchste Idee ist der Schönheit entsprungen,

             Ideen-Erkenntnis sind Wiedererinnerungen!

             Aristippos:
  1. ) Wissen steht bei vielen in Mode!
             Wie lautet dazu deine Methode?

             Der Sophist,wie du hattest erklärt,

             nur den Wohlhabenden belehrt!

             Sokrates:
  1. ) Die Tugend,wenn recht beflissen,
              ist Voraussetzung zum besseren Wissen!

              Und dieses Gewissens Stimme,

              warnt den Menschen vor alles Schlimme!
  1. ) Durch eindringliche Fragen,
               läßt sich Unwissenheit zerschlagen!

               Von Einzelfälle zum Allgemeinen

                trennt man den Schmutz vom Reinen!
  1. ) Tief in seiner Brust,
               hat der Mensch selbst alles gewußt!

               Sich in dialektische Methode versenken,

               fördert folgerichtiges Denken !
  1. ) Die Menschen sich gern herausputzen,
               nur Streben nach Erkenntnis allein bringt Nutzen!

               Denn die Tatenfolgen aus Unwissenheit,

               bringt den Menschen durch Sünden Leid!

               Aristippos:
  1. ) So führe denn im Fragen- u. Antwortspiel,
               einen befähigten Mann ins Ziel!

               Wen hälst du denn für gerecht,

                das er regieren möcht‘ ?

               Sokrates:
  1. ) Wenn ein Schuh sollte drücken,
               wer könnte den flicken?

               Aristippos:

               Darüber gibt es kein mißverstehen,

               zum Schuster muß ich gehen!

               Sokrates:
  1. ) Geht ein Kochtopf in Stücken,
               wer,glaubst du,sollte ihn flicken?

               Aristippos:

               Wem solch Mißgeschick geschehen,

               sollte zum Kesselflicker gehen!

               Sokrates:

5o.      )  Ich will mich kurz nun fassen:

               wer könnte zum Staatsdienst passen?

               Aristippos:

              Ausgetrickst hast du mich Sokrates!

              Der Philosoph eignet sich zum Lenker des  Staates!

               Sokrates:
  1. ) Aber das hast du gesagt!
              Ich hätte mir das nie gewagt!

              Als Menschenprüfer komme ich zum Schluß,

              als Gewissenswecker im Syllogismus!
  1. ) Dazu benutze ich immer wieder,
              drei gleiche Glieder:

              von OBERSATZ und UNTERSATZ führen muß:

              die FOLGERUNG  ZUM   Schluß!
  1. ) Als OBERSATZ behaupte ich.
              Vernunft hat kein Fisch!

              Als UNTERSATZ heißt es nu‘ :

             Haie gehören den Fischen zu!
  1. ) Die FOLGERUNGEN  davon besagen:
             das Haie keine Vernunft haben!

             Diese Satzaussage in der Tat,

             nenne ich das PRÄDIKAT !
  1. ) Die FOLGERUNG  jedoch beim Schluß,
              ich PRÄMISSE nennen muß.

              Ein weiteres Beispiel will ich nennen,

              um logisches Denken zu erkennen:
  1. ) Als OBERSATZ sage ich wahrheitswirklich:
              alle Menschen sind sterblich.

               Als UNTERSATZ bestreitet Keiner,

               auch Sokrates ist der Menschen Einer!
  1. ) Die FOLGERUNG erschließt am Ende,
              das auch Sokrates den Tod einst fände!

              Zum dritten OBERSATZ sag ich schlicht,

              Hellenen zählen zu den  Mohren nicht.                             (Hellenen=Griechen)
  1. ) Als UNTERSATZ sag ich geschwind,
              daß manche Menschen Hellenen sind.

              Als FOLGERUNG ich verkünd‘:

              daß manche Menschen keine  Mohren sind!                      (Mohr,Mauren,einst für Neger)

              Aristippos:
  1. ) Mein lieber Sokrates,
             jetzt kommt etwas privates:

             du gehörst zu meiner Sippe,

             bitte folg mir zur Xanthippe!

             Sokrates:
  1. ) Wer ein liebes Weib gefunden,
              fühlt sich stets voll Glück gebunden!

              Denen Eros Pfeile nie getroffen,                                     (Eros=Liebesgott)

              nennt man Philosophen!
  1. ) Aber du hast recht,es ist schon spät,
             laßt sehen wie‘s Xanthippe geht!

             Es ist schon lange Zeit verflossen,

             daß wir Gemeinsamkeit genossen!

            (Aristippos,auf dem Heimweg:)
  1. ) Man weiß:oft bleibst du einfach stehen,
             und läßt die Andren weitergehen.

             Wie versteinert stehst du da,

             merkst nicht,was um dich geschah!
  1. ) Oft vergingen viele Stunden,
             bis du wieder zu dich selbst zurück gefunden1

             Ich würd ‚ mich jedoch sehr freu‘n,

             du ließest sowas heute sein!  

         (Sokrates nickt mit den Kopf.Daheim steht Xanthippe vor der Türe und spricht):
  1. ) Mein lieber Sokrates,
             ich weiß,was du tatest:

             bei Töpfer und Bildhauern,

             mußtest du herum lauern
  1. ) Kein Böttcher,kein Fischer
           ist vor dir sicher!

           Mit deinem ewigen Paperlapapp,

           hältst du alle von der Arbeit ab!

            Sokrates:
  1. ) Meine gute Xanthippe,
            lasse den Zank bitte!

            All meine Lehrreden

            nützen nicht Jeden.
  1. ) Doch es ist mir ganz egal,
             wer was sagte das einmal!

             Das Einzige,was hervorragte,

             ist nur das Gesagte!
  1. ) Hauptsache,irgendwann
              erinnert sich  Jemand daran!

              Wenn nur ein Blümlein daraus blüht,

              hab ich mich nicht umsonst bemüht!
  1. ) Xanthippe:
             O Sokrates,folg mir doch nach innen,

             dort kannst du weiter Ideen  sinnen.

             All deine Reden

             wecken doch Jeden!

7o.     ) Ich wollt‘ ein Gedanke verbliebe,

             beim  Gott der Liebe!

             Eros ! Eros ! Nur  nicht Ares!

             Das wäre doch was Wunderbares!

             Sokrates:
  1. ) Im Krieg blieb mir Ares gewogen,
              Eros ist stets viel zu hoch geflogen!

              Alle Weiber den Eros anflehen,

              doch keine kann ihn verstehen!
  1. ) Sag mir:dieser Gott der Liebe,
             bei welcher Beschaffenheit er bliebe?

             Ich meine dieses nicht minder,

             wie ein Vater die Beschaffenheit ist von Kinder!

             Xanthippe:
  1. ) Gewisslich,lieber Mann,
             das gilt auch für Mütter sodann!

             Wie auch auf  Bruder und Schwester,

             zu ihren Geschwistern,mein Bester!

                 Sokrates:
  1. ) Nun antworte,liebe Frau,
              auf meine Frage genau:

              ist Eros ein Eros von Nichts oder was ?

              Beantworte mir das !

               Xanthippe:
  1. ) Von Etwas,so lautet die Antwort,
               web deine Gedanken weiter fort!

               Sokrates:

               Begehrt der Eros eben das,dessen er ist?

               Oder nicht ? Sprich ohne List!

               Xanthippe:

               Das war eine ganz simple Frage,
  1. ) worauf ich „natürlich“ sage!
               Sokrates:

               Sehnt sich der Eros nach den  Gegenstand,

               wenn er ihn bereits besitzt oder fand?

               Xanthippe:
  1. ) Das Begehrende begehrt,was er vermißt,
                weil die Begierde danach sonst sinnlos ist!

               Sokrates.

               Nett von Dir! Nun sag mir bloß:

               wünscht sich ein Großer noch zu werden groß?

               Xanthippe:
  1. ) Das glaube ich nicht,daß so etwas geht,
             man wünscht sich nur,was nicht zur Verfügung steht!

             Sokrates:

             Wenn Eros nach Liebe uns Schönheit strebt,

              wo ist diese,wenn es nicht in ihm lebt?
  1. ) Folglich besitzt er nicht Liebe noch Schönheit,
              sondern begehrt es nur Jederzeit!

              Wie kannst du behaupten,er würde schön ausschauen,

              wenn er verfolgt nur die schönen Frauen ?

8o.     ) Wenn der Eros stets nach Schönheit giert,

             er selber den Anspruch auf Schönheit verliert!

             Denn zur Schönheit man auch die Güte spricht,

             doch ein Gott ohne Güte,den gibt es nicht!
  1. ) Xanthippe:
              O mein lieber Sokrates !

              Du sagst so etwas  delikates!

              Wenn Eros kann nicht reizen dich,

               so kümmere dich wenigstens um mich!
  1. ) Sokrates:
                O Xanthippe ! Ach, o weija !

               Einst wanderte ich nach Montineia !

               Auf einmal stand ich da,

               vor der Seherin Diotima!

83.)         Sie,die es verstand,

               und die Pest hatte verbannt1

               Sie gab mir die große Ehre,

               und fernerhin diese Lehre:             
  1. ) Eine Seele hat ein jeder Stern,
               mit Gefühl,Liebe,Zorn,Furcht und so fern.

               Nur wenn sie sich davon nicht beherrschen lassen,

               würden sie ins rechte Leben passen!

85       )  Und  die Welt sich als sichtbares Wesen begreift,

               in das alles andere Leben  reift.

               Sie ist ein riesiger Ball,

               nicht ungleich,nur gleich überall!
  1. ) Sie folgt der vollkommensten Regung,
               daß ist allein die Kreisbewegung!

               Und da sie  sich nur so bewegen muß,

               braucht sie dazu weder Hand noch Fuß!
  1. ) Wo das Unteilbare zum Teilen kam,
               die Seele sich die Körper nahm.

               Der ältere Lichtleib der Ideen,

               glich den feinstofflichen  Feen.
  1. ) Die hatten aus Licht nur einen Leib,
                und waren zugleich Mann und Weib!

                Als einheitlicher Lichterball,

                flogen sie durchs Weltenall!
  1. ) Vier Arme hatten sie und vier Beine,
                 vorwärts blickte ein Kopf,rückwärts der andre eine!

                 Wenn sie sich bewegen sollten,

                  wie Radschläger sie dann rollten!
  1. ) Zeus,der ihnen das Leben geschenkt,
               wurde am Ende von ihnen bedrängt.

               Bevor sie weiter mit den Göttern stritten,

               trennte er sie in ihren Mitten.
  1. ) Beide Hälften seit diesen Zeiten,
             müssen aufrecht auf zwei Beine schreiten.

             Haben keine Zeit mehr,den Göttern zu fluchen,

             müssen unentwegt ihre verlorene Hälfte suchen.
  1. ) Ich glaube,liebe Xanthippe,
             du bist kein Stück aus meiner Rippe!

             Die Seherin ist des Philosophen Gegenstück,

             und zieht sie zum Orakel zurück!

             Xanthippe:
  1. ) O Sokrates ! Höre mir zu:
              dein  Gegenstück,nie findest du!

              Es ist genau dein Ebenbild,

              daß zur Vereinigung bleibt ungewillt!

            (Sokrates Söhne stürmen ins Haus):

             Der Ältere:
  1. ) Vater,ich hab einen Lehrsatz gemacht
              über den mein Bruder so lacht!

              Im OBERSATZ hatte ich geschrieben:

              das alle Athener lügen!
  1. ) Darunter schrieb ich im Satz zwei,
             daß auch ich Athener sei.

             Die FOLGERUNG sollte ergeben:

             alle Athener lügen eben!
  1. ) Weil ich somit ein Lügner bin,
             sag ich die Wahrheit,doch das  gibt keinen Sinn.

             Dann würd ich aber ein Lügner doch sein,

             mir fällt dazu nichts mehr ein!

             Sokrates (lacht):
  1. ) Im OBERSATZ seh ich den Fehler liegen,
              der beweislos sagt,daß alle Athener lügen.

              Genauso falsch im OBERSATZ ich seh‘:

              die  Behauptung,schwarz wäre der Schnee!
  1. Aufzug (Gericht) :
                 Stadt-Diener (zu Sokrates):
  1. ) Mein lieber Sokrates,
               ich komm im Auftrag des Stadtrates.

               Klagen will man vor Gericht,

               ob du die Jugend verdirbst oder nicht!
  1. ) Zu Ohren ist ihnen gedrungen,
               von Dir manch Götterlästerungen:

               Selene und des Helios Schein,

                beständen nur aus Feuerball und Erdgestein!

                Sokrates:

1oo.     )  Seit die Spartaner vom Peleponnes kamen

               und Attika im Krieg einnahmen,

               starb Athen,Wiege der Philosophie,

               und mit ihr unsere Demokratie!

1o1.     ) Dennoch glaub ich in der Tat,

               daß nur der Beste zu regieren hat!

               Nicht der Pöbel,der dumme,

               nur Qualität statt quantitativer Summe!

              (sie treten vor dem Stadtrat)

                Sokrates:

1o2.      ) Hoher Rat,wollt ihr berichtigen ?

                Oder eines Unrechts mir bezichtigen?

                Zur Dialektik hab ich keine Lust.

                Auch bin ich mir keiner Schuld bewußt!

                Anytor:

1o3.   )   Keineswegs wollen wir uns berichtigen!

               Doch Dir der Blasphemie bezichtigen!

               Durch ganz Athen sieht man dich irren,

               um brave Bürger zu verwirren!

               Meletos:

1o4.     ) Am hellichten Tag trugst du ein Licht,

              und riefst:Ich finde hier einen Menschen nicht!

              Pack bloß nicht deine Syllogik aus!

              Laß deine Kesselflicker  auch zu Haus!

1o5.    ) Lykon:

              Bitte tu dich dazu nicht erdreißten,                                                                                                                                            

              und laß die Schuster bei ihren Leisten!

              Durchgerissen ist diese Sandale,

              die du führst im Munde alle male!

              Sokrates:

1o6.    ) Die Wanderlehrer ihre Honorare einbüßten,

             denn nur den reichen belehren diese Sophisten!

             Ich belehre sowohl Arm und Reich,

             kostenlos,sind sie mir alle gleich!

1o7.    ) Ganz egal auch,Jung und Alt,

             der Mensch wechselt sowieso stets die Gestalt.

             Die Seele ist‘s,die nie ihr Licht verliert,

            die uns warnt,wenn unser Geist sich irrt!

1o8.    ) So geht es auch mit Sonne und Mond:

             deren Seele auch im festen Körper wohnt.

             Ein Naturwissenschaftler die Form untersuchen muß,

             ungeachtet des sich darin befindenden Genius!

1o9.   ) Vor Gericht man mich stehen läßt,

             weil mein Fleisch ist locker und meine Knochen fest!

             Dazwischen liegen meine Sehnen,

             womit die Glieder sich biegen und dehnen

11o.    ) Würde ich solchen Besitz verlieren,

              könnte ich die Rede hier nicht führen!

              Und ebenso darf man doch denken,

              würden sonne und Mond das Schicksal lenken?
  1. ) Also sprach ich zu der Jugend:
              erlernbar ist die reine Tugend!

              Wie im Becher man Wein schüttet aus vollem Topf,

              so ich mein Wissen in einen leeren Kopf.
  1. ) Denn das ist die Erkenntnis mein:
              Niemand will dumm oder böse sein!

              Klug denken zu lernen,ist meine Pflicht!

              Und das verdirbt doch die Jugend nicht!
  1. ) Anytor:
              Nicht  Klugheit lehrtest du,

              nur Schwachsinn immerzu!

              Wie sollten deine irren Sachen

              die Jugend besser machen?

              Sokrates:
  1. ) Von Athen schier hundert Meilen,
               bis Delphi tat ich einst eilen.

               Dort in eines Kraters Dunst,

               erlebte ich der Sibyllen Kunst!                                (Sibylle=Seherin)
  1. ) „Wer ist in Athen der klügste Mann?“
               fragte ich dirin sodann.

               Da ertönte aus des Raumes Stille,

               das unverrückbare Wort der Sibylle:
  1. ) „Der weiseste Mann,des Athener Staates,
                bist zweifellos du,o Sokrates!“

                Diese Worte,können beschwören,

                drei ehrliche Zeugen,die es konnten hören!
  1. ) Wenn schon die Sibylle mir Weisheit zuspricht,
                 muß akzeptieren das auch dies‘ Gericht!

                 Ein weiser Mann ist stets sozial,

                 darum läßt man sie reden auch überall!
  1. ) Da aber ein Gott durch die Sibylle spricht,
                bezweifelte ich ihre Wahrheit nicht.

                Da ich mich selbst aber als Nichtwissender fühlte,

                des Gottes Wort meine Seele aufwühlte!
  1. ) So eilte ich von Haus zu Haus
                und fragte  dort die Leute aus.

                Keine Weisheit vernahm ich von Dichter,

                nicht von Politiker,nicht von Richter!

12o.     )   Und weil ich sie dessen überführt,

                man den Haß gegen mich schürrte!

                Doch scheint die Sibylle weise zu sein,

                denn das man nichts weiß,weiß nur ich allein!

                Anytor:
  1. ) Um es jetzt einmal  kurz zu fassen:
                du kannst das Lästern einfach nicht lassen!

                Hoher Rat ! Kommt zum Beschluß:

                wie man den Lästerer strafen muß!

               ( Die Stadträte beraten flüsternd und geben Meletos die Urteilsschrift zu verlesen):
  1. ) Wohlan ihr Bürger von Athen!
               Die Urteilsermittlung ist gescheh‘n!

               Gemäß des Entschlusses des Rates:

               den Giftpokal zuteil wird Sokrates!

              (Lykon unterbricht das laute Murren im Saal):
  1. ) Hört ! Hört ! Nach alter Athener Sitte,
             mildern wir das Urteil,durch des Verurteilten Bitte!

             Eine Geldsumme er nur benennen muß,

             die er,oder ein Bürge,zahlt zur Buß‘ !

             Sokrates:
  1. ) Des Gerichts Beschuldigung war zu gering,
               deshalb zahl ich nur dreißig Pfenning!

               Frau und Kinder ließ ich schon fern,

               damit sie hier im Gericht nicht stör‘ n !

               Antytor:
  1. ) Die Wahl ließen wir dich jedenfalls,
               du redetes dich um Kopf und Hals!

               Deinen Entschluß haben wir entnommen:

               den Giftpokal wirst du bekommen!

              Sokrates:
  1. ) Furcht vor dem Tode hatte ich nie bezeigt,
               das wäre ein Mangel an Weisheit!

               Jedem steht die Ansicht frei,

               ob der Tod die Größte aller Güter sei!
  1. ) Nun übergebt ihr mich den Tod,
               und bringt euch so nur selbst in Not.

               Am Ende das Urteil sich immer rächt,

               über Besseren gesprochen,zudem schlecht!
  1. ) Ein Sporn bin ich,von Gott geschickt,
               nicht leicht,das es einen zweiten Sokrates glückt!

               Die Sophisten sollten keine Kritik abwehren,

               sondern sich zur Tugend bekehren!
  1. ) Und ihr,die ihr Euch zu dieses Urteil bekennt,
               wisset,daß ihr mich nicht töten könnt!

               Ihr bötet all eurer ganzes Geld,

               kämt ihr dafür in eine bessere Welt!

13o.    )  Die bessere Welt,ist die der Idee,

               dort leidet kein Gerechter ein Weh!

               Mit Orpheus,Hesiod und Homer,

                diskutiere ich dort weiter ,wie bisher!
  1. ) Die Verstorbenen werden dort Zeugnis ablegen,
                was wir hier erlitten,und weswegen!

                Ich wenigstens will oftmals sterben,

                tu ich solch edlen Platz nur erwerben!
  1. ) Doch jetzt sollten wir gehen eben,
                ich um zu sterben,ihr um zu leben!

                Wer zum besseren Geschäft von uns Allen,

                die Antwort wird mir  als erstes zufallen!
  1. Aufzug (In der Todeszelle)
                   Sokrates:
  1. ) Wächter kommt und führet schnelle,
                  mein Weib hier aus der Todeszelle!

                 Vor lauter Schluchzen und Klagen,

                  kann ich kein Wort zu ihr sagen!

( Die weinende Xanthippe verläßt mit ihren Kindern den Raum)

                   Sokrates:
  1. ) O,Kriton,blick nicht so traurig vor dich hin,
                 es ist nicht gewiß,ob ich der letzte hier bin!

                 Wie kämen den Menschen denn spontanes Wissen,

                  wenn sie dies erst hier erlernen müssen?
  1. ) Aus dem vorigen Leben bringen sie‘s hervor,
                  wie die Blumen im Frühling,aus dem Keime empor!

                  Der inneren Stimme folgte ich ohne Unterlaß,

                  danket der Nike für mich am Parnaß!
  1. ) Kriton:
                  Deine Richter können nicht mehr schlafen,

                  sie gedenken,dich fliehen zu lassen!

                  Manch Freunde aus Aetolia

                  wollen dich bringen nach Itaka!

                  Sokrates:
  1. ) Auf Itaka beim  fernen Leukes,
                  ich dann voller  Reu‘  säß!

                  Nirgendwo es mir gefällt,

                  wenn man mich für schuldig hält!
  1. ) 22o haben mir nicht die Treue gebrochen,
                 28o haben mich schuldig gesprochen.

                 Von 5oo edlen Ratsherren,

                 wollten Viele mich nur einsperren.

139           Nachdem ich jetzt muß scheiden,

                 müssen  die noch lange leiden.

                 Gleich geht Helios blutig unter,

                 seine fackel macht mich munter.
  1. ) Wärter:
                 O Sokrates ! Über dich vermag ich nicht zu klagen!

                 Du wirst mir kein übles Wort nachsagen!

                 Dich habe ich wahrlich erkannt,

                 als den Edelsten in Griechenland!
  1. ) Kriton:
                 Laß noch den Pokal stehen,

                 die Sonne kann ich ja immer noch sehen!

                 Erst wenn sie hinter dem Berg will versinken,

                 kannst du den Schierlingsbecher trinken!
  1. ) Sokrates:
               Ich meine nichts zu gewinnen,

               laß ich die Zeit nicht verrinnen!

               Den Göttern will ich nun zu Ehren

               den Schierlingsbecher leeren!
  1. ) Nach alten Opferbrauch,   
               vergieß ich drei Tropfen auch.

               Sinn dieser Weihehandlung

               ist eine bessere Seelenwanderung!

              (Sokrates trinkt den Giftbecher während die Freunde weinen)

               Sokrates:
  1. ) Kriton und Apollodores scheinen
               bitterlich zu weisen!

               Die Weiber schickte ich deshalb fort,

               nun steht Ihr heulend dort!
  1. ) Schon Orpheus und Pythagoras,
              weit vor mir,lehrten das:

               die als Feiglinge ihr Leben verloren,

               werden als Weiber wiedergeboren!
  1. ) Aber nicht stimmt der Sophisten Vergleich,
              alle Menschen wären gleich!

              Mein Kommen und mein Gehen,

              konnte die Sibylle besser sehen!
  1. ) Auch verstandlose Tiere streben,
             nach einem besseren Leben!

             Drei ist hierzu größer als Zwei,

             doch kleiner als Vier dabei!
  1. ) Dieser Widerspruch:Eng und zugleich Weit,
             ergibt die Verhältnismäßigkeit!

             Manche falsche Schlußfolgerungen

             entstanden aus Verallgemeinerungen!

           (Die Freunde wischen sich die Tränen verschämt ab und Sokrates legt sich

             auf den Rücken um zu  sterben. Seine letzten,leisen Worte:)
  1. ) O Kriton ! Dann hab ich alles nach dem Recht getan:
            opfert dem Asklepios noch einen Hahn!

            Nachdem das alles ist geschehen,

            freu‘ ich mich auf‘s Wiedersehen !

                              -  Ende  -       

Tipps zur Aufführung:

  1. Charakterinterpretation:

    • Sokrates sollte mit ruhiger Gelassenheit sprechen, seine tiefe Weisheit und sein philosophisches Denken betonen.
    • Aristippos kann mit mehr Lebhaftigkeit auftreten, seine pragmatische Sichtweise und seine Liebe zum Komfort in seinen Gesten zeigen.
  2. Bühnenbild:

    • Das Bühnenbild sollte einfach, aber authentisch sein, um die Atmosphäre des antiken Athen zu vermitteln.
    • Nutzt Lichteffekte, um verschiedene Tageszeiten und Stimmungen zu betonen.
  3. Kostüme und Requisiten:

    • Die Kostüme sollten die Kleidung der damaligen Zeit widerspiegeln, wobei Sokrates eine traditionelle Toga trägt.
    • Achtet darauf, dass die Requisiten wie das Häuschen und einfache Alltagsgegenstände die Zeitperiode glaubhaft darstellen.
  4. Regieanweisungen:

    • Betont die philosophischen Diskussionen durch dynamische Inszenierung und klare, nachdenkliche Pausen.
    • Spielt mit Licht und Schatten, um die Tiefe der philosophischen Ideen zu unterstreichen.
  5. Dialoge:

    • Lasst die Dialoge klar und präzise sein, um die Tiefe der philosophischen Gedanken zu erfassen.
    • Erlaubt den Schauspielern, die Emotionen ihrer Charaktere authentisch auszudrücken.

 

Mit diesen Elementen hoffen wir, dass „Mein lieber Sokrates“ nicht nur ein Stück über die Antike ist, sondern auch zeitlose Fragen aufwirft, die uns alle betreffen. Viel Vergnügen auf dieser philosophischen Reise!


 

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