aus der Brahma-Samyutta, Pathama Vagga, Sutta 1
Also habe ich vernommen:
Einstmals weilte der Erhabene in Uruvela, am Ufer des Flusses Neranjara, am Fuße des Feigenbaumes der Ziegenhirten – eben erst zur vollkommenen Erleuchtung gelangt.
Da nun entstand dem Erhabenen, der ganz in der Stille einsamer Meditation verweilte, folgender erwägender Gedanke:
„Eingedrungen bin ich in diese Wahrheit,
die tief ist, schwer zu schauen,
schwer auszudenken, friedlich, erhaben,
durch Grübelei nicht zu erfassen,
fein – nur von Weisen zu begreifen.“
(Anmerkung: Bewusstseinserweiterung erfolgt nicht durch Denkanstrengung, sondern durch Denkauflösung – positiv: Meditation; negativ: psychedelische Drogen. Je weniger wir denken, umso tiefer gelangen wir in den kosmischen Informationsfluss.)
„Doch die Welt verharrt bei ihren Neigungen,
ergötzt sich an ihnen,
findet Freude an ihrer Veranlagung.
So ist ihr diese Wahrheit schwer zu durchschauen –
nämlich die ursächliche Aufeinanderfolge,
das Gesetz der bedingten Entstehung.“(Anmerkung: Gemeint ist das Gesetz zum Stillstand leidhafter Wiedergeburten in aller Ewigkeit.)
„Auch ist diese Wahrheit schwer zu sehen:
Die Stilllegung aller Gestaltungen,
das Aufgeben aller Daseinsfaktoren,
die Vernichtung des Durstes,
das Gleichmaß, die Aufhebung –
das Nirvāna:
Das Erlöschen von Bewusstsein, Empfindung, Schmerz.“
„Und wenn ich diese Wahrheit predigte,
und andere verstünden mich nicht,
so wäre das für mich nur erschöpfend.
Mit Mühe bin ich eingedrungen. Genug!
Nicht mag ich sie verkünden
solchen, die umstrickt sind von Begierde und Sünde.
Sie wollen diese Wahrheit nicht wissen –
sie, die gegen den Strom geht,
die tief, schwer zu schauen ist.
Solche sehen sie nicht –
die von den Begierden umstrickt,
denkfaul und verhüllt
in der Masse der Finsternis sind.“
Die große Bitte Brahmas
Während der Erhabene so erwog, neigte sich sein Geist zur Zurückhaltung –
und wir hätten nie die Predigt der wahren Lehre erfahren!
Doch da erkannte der Gott Brahmā im Himmel die Herzensbedenken des Erwachten und sprach in sich:
„Untergeht fürwahr die Welt,
wenn der Geist des Vollkommen Erleuchteten
zur Zurückhaltung neigt!“
So warf Brahmā seinen Mantel über die Schulter,
und – so schnell wie ein starker Mann den gebeugten Arm ausstreckt –
verließ er den Brahmā-Himmel und erschien vor dem Erhabenen.
Er kniete mit dem rechten Knie nieder,
legte die gefalteten Hände vor sich hin
und sprach:
„Es möge der Erhabene die wahre Lehre verkünden!
Es gibt Wesen,
die von Natur nur wenig Verunreinigung befleckt sind –
sie werden Versteher der Wahrheit sein.Früher erschien im Lande Magadha
eine mangelhafte Lehre,
von befleckten Leuten ersonnen.Nun aber öffne das Tor zur Unsterblichkeit –
zum Ende von Geburt und Tod!Verkünde die Wahrheit,
gefunden von einem Fleckenlosen.Wie einer, der auf einem Felsen steht
und die Welt der Wesen überschaut:
So erhebe du dich, Weiser,
besteige mit dem Buddha-Auge den Turm der Wahrheit,
und überschaue – frei von Kummer –
die Welt der Kümmernis,
gebunden an Geburt und Tod.Erhebe dich, du Held,
du Sieger im Kampf,
du Führer der Karawane,
du Schuldloser –
wandere über die Welt!“
Der Erhabene spricht
Bewegt von Barmherzigkeit, nahm der Erhabene die Bitte Brahmās an.
Er überschaute die Welt mit ihren Wesen:
solche, die nur wenig befleckt waren,
und solche, die viel Verblendung durch falsche Lehre erfuhren.
Solche mit scharfen Sinnen,
und solche mit stumpfen,
guter oder übler Art,
solche, die leicht zu belehren waren,
und solche, voller Misstrauen,
und auch solche, die Furcht vor wahrer Sünde
und der jenseitigen Welt empfanden.
Er sprach:
„Wie Lotosblumen im Teich –
im Schlamm geboren,
unter Wasser stehend,
auf Wasserhöhe wachsend,
oder über das Wasser herausgetreten –
so sind auch die Menschen.Manche lassen den Schmutz abperlen,
manche bleiben unter Wasser.Aufgeschlossen sind nun die Tore
der Nichtwiedergeburt
für jene, die hören wollen!Aufgeben sollen sie ihren falschen Glauben.
Verletzung vermutend, wollte ich schweigen –
nun folge ich deiner Bitte, o Brahmā!“
Und als er dies gesprochen hatte,
grüßte ihn Brahmā ehrfurchtsvoll,
umkreiste ihn zur Rechten –
und verschwand in den Brahmā-Himmel,
so schnell, wie er gekommen war.
Was wäre gewesen, wenn der Buddha geschwiegen hätte?
Wenn Mitgefühl nicht stärker gewesen wäre als Zweifel?
Die Bitte Brahmās erinnert uns daran, wie entscheidend es ist, dass Wahrheit gesprochen wird – selbst dann, wenn sie schwer zu verstehen ist.
Es ist das Mitgefühl, das die Welt rettet, nicht die Zurückhaltung.
Frage an unsere Leser
Gab es in deinem Leben einen Moment, in dem du eine Wahrheit zurückgehalten hast – aus Angst, nicht verstanden zu werden?
Und wie wäre es gewesen, sie doch zu teilen?
Schreib es uns gerne in den Kommentaren!
Weiterführende Literatur:
Bhikkhu Ñāṇamoli & Bhikkhu Bodhi: „The Middle Length Discourses of the Buddha“ (Majjhima Nikāya)
– enthält viele direkte Lehrreden des Buddha.Nyanatiloka Mahāthera: „Buddhismus – Die Lehre des Erwachten“
– verständliche Einführung und gute Übersetzungen aus den Pāli-Texten.Bhikkhu Bodhi: „In the Buddha’s Words“
– thematisch geordnete Auswahl aus den Nikāyas mit Kommentaren.Sāmanera Mahinda: „Die Lehre des Buddha (Dhammapada & Erklärungen)“
– besonders gut für Einsteiger und Gruppenarbeit.Access to Insight (Online-Archiv):
www.accesstoinsight.org – Große Sammlung klassischer Theravāda-Texte.
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