Mit einem Sangha von 500 Bikhuns weilte der Erhabene im Kosala-Land am Dorf Lechanankal in einer Waldgrotte. Zu jener Zeit wohnte der Brahmane Pokkharasati im näheren Ukkatha, ein Ort, reich an Weide, Wald, Wasser und Getreidefelder. Ein Lehnbesitz von Kosla-König Pasenadi.
Als der erfuhr, das der Erhabene in seiner Nähe sich aufhielt, sandte er eine Gruppe seiner Schüler unter Führung des jungen Brahmanen Ambattha zum Erhabenen, um dessen tadellosen Ruf festzustellen. Die Gruppe bestieg den Stutenwagen und machte sich auf den Weg zum Erhabenen, soweit die Wege fahrbar waren, den Rest des Weges legten sie zu Fuss zurück.
Im Walde trafen sie die Mönche an, welche sich dort zur Geh-Meditation im Freien aufhielten. Die wiesen auf eine Veranda, an dessen Türriegel sie rütteln konnten:
„Mag sein, dass der Erhabene Eintritt gewährt !“
Der Erhabene ließ die Fremden eintreten, setzte sich und bat den Gästen, es ihm gleich zu tun. Einzig der junge Ambattha blieb im Raume stehen und lief beim Reden vor dem Erleuchteten auf und ab. Alle Mönche suchen sich einen niederen Platz aus, als des Erhabenen Sitz, selbst die Laien gehen gebückt vor dem Erhabenen, ihre Demut zu bekunden. Da sprach der Erhabene:
„ Führst du auch wohl mit den älteren Brahmanen und Lehrern auf diese Art ein Gespräch so wie mit mir ?“
Der junge Ambattha antwortete:
„Gehend reden Brahmanen nur mit gehenden Brahmanen und sitzend reden Brahmanen nur mit sitzenden Brahmanen, wie es sich ziemt !
Mit kahlköpfige Kastenlose oder Hörige führe ich ein Gespräch so wie in diesem Fall.“
Der Erhabene antworte mit ruhiger Stimme:
„Sicherlich fehlt es dir an Lebenserfahrung, denn stolz sein auf seine Lebensart, was ist das anderes als ein Mangel an Lebenserfahrung?„
Erzürnt wurde der junge Brahmane jetzt persönlich:
“Eine wilde Kriegerkaste ist das Geschlecht der Sakya ! Handelssüchtig und übermütig ist das Geschlecht der Gotama !“
Abermals besonnen antwortete der Erhabene:
“Selbst ein Vögelchen wie eine Wachtel, piept nach seinen Belieben im eigenen Nest. Zu eigen aber gehört den Sakya das ganze Umland und die Residenzstadt Kapilavasthu (Kathmandu). Nicht lohnt es sich daher, über derart unbedeutende Sache sich aufzuregen!“
Dann berichtete der Erhabene weiter aus der Ahnenkette des Ambattha, wie er es mit seinem übermenschlichen Auge überschaute:
“Ein Kanhayana bist du, verehrter Ambattha, und deine Ahnen geborene Leibeigene. Die Sakya aber sehen König Okaba als ihren Gross-Ahnen an.
Vor Zeiten wollte König Okaba den Sohn seiner Lieblingsfrau die Königsherrschaft anbieten und verbannte darum die älteren Königskinder. Am Hange des Himavant ( Himmelswand ), im grossen Sakya-Wald am Ufer des Sees errichteten die Prinzen Okkamukha, Karandu, Hatthiniya und Sinipura ihre neuen Wohnstätten. Aus Furcht vor Kastenvermischung lebten sie mit ihren Schwestern zusammen. König Okakkas Leibeigene ( Sklavin ) Disa gebar in dieser Zeit ein Kind von ganz schwarzer Haut, wie es die Bergkobolde haben und dessen erste Worte waren:
„Wasch mich Mutter! Bade mich Mutter! Befreie mich von diesem Schmutz! Viel Glück werde ich bringen!“
Die Leute nannten Kobolde KANHA und riefen laut:
„Ein Kanha ist geboren!“ Welches Geschlecht
,Ambatthi , ist nun von uns zweien edelgeborener ? „ Da murrten Ambatthas Begleiter und wollten von ihm die Wahrheit über seinen Ahnen wissen. Ambattha aber stritt des Erhabenen Worte ab, bis der Erhabene ihn zur Wahrheit aufrief und zum drittenmale die Stimme erhob:
„Antworte, Ambattha ! Nicht länger ist es Zeit für dich, zu schweigen. Wer da auf eine ihm vom Vollendeten mit Recht gestellte Frage bis zum drittenmale schweigt oder lügt, dem wird hier auf der Stelle das Haupt in Stücke zerspringen!
“ Damals aber stand der blitzeschleudernde Gewittergott mit einer mächtigen Eisenwaffe, einer glühenden, lodernden, durch und durch leuchtenden, über Ambattha in der Luft, den jedoch nur Ambattha und der Erhabene sehen konnten. Der junge Brahmane war erschrocken, erschüttert und warf sich mit gesträubten Haar vor des Erhabenen Füsse und rief:
„Ebenso habe auch ich es gehört und bitte um Zuflucht beim Erhaben, seiner Lehre und seiner Gemeinde !“
Ambatthas Gefährten konnten sich jedoch nicht beruhigen. Da nun kam den Erhabenen der Gedanke:
„In übertriebener Weise machen diese jungen Brahmanen den jungen Ambattha herunter mit dem Wort vom geborenen Sklaven. Sollte ich ihn nicht doch davon freimachen?„
Also führte der Erhabene die Geschlechterreihe weiter fort:
„Jener Kanha verfügte über grosse Kräfte und hatte einen scharfen Verstand und sammelte im Südland Reichtum und Ansehen und las Bücher , so das er ein gebildeter Mann wurde. Dann warb er bei König Okakka um die Hand dessen Tochter Kuddarupa. Der ergriff zornig seinen Bogen und richtete den Pfeil auf den vermeintlichen Sklaven.
„Haltet ein König !“
rief der Hofstaat: “ Dieser Mann hat einen guten Ruf und verbreitet nur Glück um sich ! Trifft du ihn, verfolgt dir Unglück ! Triffst du den Himmel, erzürnen die Götter ! Triffst du die Erde, so öffnet sich der Boden!„
Da stimmte der König die Hochzeit zwischen seiner Tochter und dem Händler endlich zu und deren Nachkommen entstammten tadellosen Eltern.
Als der junge Brahmane zurück zu seinem Herren kam und dieser ihm nach seinem Eindruck befragte, antwortete Amnattha mit diesem Vers:
„Hoch fühlt sich der Krieger-Adel, besonders wenn er ohne Tadel. Doch wer in Wandel und Wissen stark, ist Höchster in aller Menschen Mark !“
(nach der Ambattha-Sutta.)
Was lernen wir daraus:
Diese Geschichte lehrt uns über den Hochmut eines jungen Brahmanen namens Ambattha und die Gefahr, die mit Vorurteilen und Stolz einhergeht. Sie zeigt, dass äußere Merkmale und gesellschaftliche Unterschiede nicht den wahren Wert eines Menschen bestimmen. Der Erhabene betont die Bedeutung von Demut und Lebenserfahrung, während er die Ahnenkette enthüllt, um die falschen Vorstellungen des jungen Brahmanen zu korrigieren. Letztendlich erkennt Ambattha die Wahrheit und sucht Zuflucht in der Lehre des Erhabenen, was eine Lehre über Demut, Offenheit für Wahrheit und Respekt vor anderen darstellt.