Buddhismus als Erlebnis-Religion

Transformation durch Achtsamkeit und Weisheit

Alle herkömmlichen Religionen beruhen auf Glauben und Vertrauen auf Glaubensstifter. Alleine der Buddhismus beruht auf Erfahrung. Buddhismus ist eine Religion ohne Gott und ewiger Seele. Buddha war ein indischer Prinz 600 vor Christus, ein Lehrer, der den Suchenden einen Weg zeigte, den man zur Leid-Erlösung selbst folgen muss. Buddha ging diesen Weg als geistiger Pfadfinder voraus und zeigte als Vorbild den reinsten, tadellosesten Lebenswandel eines gesunden, wohlhabenden Menschen im besten Mannesalter. Damit bewies er die Möglichkeit zur Selbsterlösung, ohne fragwürdige, fremde Sühneopfer.

Die Befolgung der buddhistischen Methoden des 8-gliedrigen Tugendpfades ruft im Schüler Buddhas Veränderungen hervor, die der Erhabene „Iddhi“ (höhere mystische Kräfte) nennt – ein fühlbarer Ersatz für verzichtbare weltliche Vergnügungen, denen sich der sich religiös Befleißigende freiwillig, experimentell entsagte. Dieses erfolgt mit einem Entschluss zur Veränderung des Vinnyana (Bewusstsein, Erkenntnisvermögen). Der Panobhaikum (Wiedergebürtige) analysiert das Samsara (Weltlichkeit) und strebt mit wachsendem Erlebnis dem Abhi-sambodhi (Vollerwachung) entgegen.

Durch das Ergreifen der 4 buddhistischen Grundstücke: Sila (Disziplin), Samadhi (Vertiefung) und Panya (Weisheit) nähert er sich dem endgültigen Ziel dem Vimuti (Befreiung), dem Parinibhuti (endgültiges Verlöschen). Nach der Zufluchtnahme zu Buddha, zum Dhamma (Lehrordnung) und Sangham (Mönchsgemeinde) vor einem Bhikun oder einer Bhikhuni (Mönch oder Nonne), und dem Geloben zur Einhaltung der 5 Silas (nicht töten, nicht stehlen, nicht falsch reden, nicht unkeusch leben, sich nicht berauschen), tritt er in den ersten Grad des Buddhismus als Sotopanna, „den von der Strömung Ergriffenen, nicht wieder Rückfall Fähigen“!

Auf dem Brahma-cariya dem göttlichen Weg durch Vijya (Wissen) und Carana (Wandel), erfährt das Anata (die Ichheit) den Padhana (inneren Fortschritt) und pflegt die Cetiya, die Stätte, an der man jemandem in Vertrauen und Ehrfurcht gedenkt. Das sind große Vorbilder wie der Bhagavan (Erhabene), der Pacceka-Buddha (der zur Einsicht gekommene, aber diese nicht der Welt verkünden konnte), der Bodhisatta (ein zukünftiger Buddha), der Satta-Opapatika (der aus dem Jenseits Erlöschende), der Arahat (Heilige), der Ajahn (Lehrer) oder ehrwürdige Verstorbene.

Die geistige Verwandlung des in der Buddhaschaft Fortschreitenden kann verglichen werden mit dem Verlust eines Sinnesorgans, wodurch ein anderes Sinnesorgan geschärft wird. Der nächste Schritt des Sotopanna führt zum Upasota, der die Upasaka-Tage, den Pasha (Buddhas Feiertage zu den 4 Mondphasen), mit zusätzlichen Silas verbringt: Verzicht auf Sex, gepolsterte Sitze, hohe Betten, Nachmittags-Speisen, Schwatzen, Schmuck und Schminke sowie Belustigungen (Musik, Schauspiele, Sport, Schaustellereien). Vom Upasota gelangt der Weiterschreitende zum Anagarika, dem weißgekleideten, kahlköpfigen, nicht ordinierten Bhikun (Mönch), der ein Mönchleben im Hause führt und eine gesegnete Tätigkeit nachgeht (wie die japanischen Bikhuns oder im Sinne von Meta-Tätigkeiten wie Dienst in der Nächstenliebe).

Das führt unweigerlich zum Sakada-gami (Einmal-Wiederkehrer) und zum Anagami (Nichtmehr-Wiederkehrer), der Nibbana, Nirvana erreicht und nicht mehr geboren und sterben muss. In asiatischen Ländern, wo 80 % oder 90 % der Bevölkerung Buddhisten sind, gibt es einen sehr schönen Brauch. Dort werden die Schulanfänger liebevoll wie Prinz Siddharta geschminkt und gekleidet und auf den Rücken ihrer Väter feierlich zum 1. Schultag getragen.

Zur Jugendweihe kleidet man die Jugendlichen in gänzlich weiße Kleidung bis zu den weißen Turnschuhen ein und bringt sie so ins Mönchheim. Auch ich hatte die Ehre, meinen Sohn für einen Monat so in einen Tempel zu führen. Dort durfte ich ihm stolz die gelbe Mönchskutte feierlich überreichen und seine, von Mönchen abrasierten, blonden Kopfhaare unter Rezitation in einen großen Fluss streuen, der dieses Demuts-Opfer zum Ozean trug.

Während seines Noviziats besuchte ihn auch seine Mutter öfters und überreichte ihm reichlich Obst. Einmal streichelte er dabei glücklich seiner Mutter zärtlich über ihre Haare und erschrak danach sichtlich, weil auch „kleine Buddhas“ keine Frauen berühren dürfen (Verführungsgefahr). Doch auch die älteren Bhikhuns mussten bei diesem Anblick ebenso lachen wie seine gute Mutter. Bhikhuns empfangen Almosen (wenn keine Bettelschale griffbereit ist) immer mit einem gelben Stoff aus ihrer Kutte, wenn sie Gaben von einer Frau erhalten. Sie dürfen keine Almosen ablehnen, weil sonst der Spender daran gehindert würde, gutes Karma anzuhäufen.

Buddhismus ist eine Selbsterlösung, eine Selbsterfahrung und nichts für Selbstzufriedene ohne tiefere, schmerzhafte Lebenserfahrungen, die reife Menschen zu Mitleid und Nächstenliebe befähigen. Ich kenne kein menschliches Wesen, welches das Töten von jeglichen Lebewesen so absolut und konsequent ablehnte und selber ein Leben in muschelblanker Reinheit führte, wie der Buddha (Erleuchtete), geboren als Prinz Siddharta Gotama.

Auch mein „kleiner Buddha“ bekam als Novize damals von den Mönchen öfters eine Rezitations-Schrift auf den kahlen Kopf, wenn er gedankenverloren eine aufdringliche Fliege erschlug.

Buddhistisches Fazit:
Der Buddhismus ist keine Religion des Glaubens, sondern eine Praxis der direkten Erfahrung. Er zeigt den Weg zur Selbsterlösung durch eigene Anstrengung und Achtsamkeit. Im Zentrum steht die Erkenntnis, dass das Leid durch die Veränderung des eigenen Bewusstseins überwunden werden kann. Buddha, der als Vorbild für diesen Weg voranging, stellte keine Gottesvorstellung in den Mittelpunkt, sondern das Praktizieren von Disziplin, Meditation und Weisheit. Jeder, der den buddhistischen Pfad beschreitet, durchläuft eine Transformation, die ihn immer näher zur Befreiung (Nirvana) führt – einem Zustand der völligen Befreiung von den Fesseln des Samsara, der Weltlichkeit. Buddhismus fordert nicht nur ein intellektuelles Verständnis, sondern eine tiefgreifende, persönliche Erfahrung, die nur durch das Streben nach innerer Reinheit und Mitgefühl erlangt werden kann. Es ist eine Einladung, durch den eigenen Geist zur Wahrheit zu gelangen und dabei das Leben in Mitgefühl und Achtsamkeit zu führen.

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