Als der Erhabene zögerte, die Wahrheit zu lehren
Also habe ich vernommen, einstmals weilte der Erhabene in Uruvela, am Ufer des Flusses Neranjara, am Fuße des Feigenbaumes der Ziegenhirten, eben erst zur vollkommenen Erleuchtung gelangt.
Da nun entstand dem Erhabenen, der ganz in der Stille einsamer Meditation sich hingab, der folgende erwägende Gedanke:
„Eingedrungen bin ich in diese Wahrheit, die tief ist, schwer zu schauen, schwer auszudenken, friedlich, erhaben, durch Grübelei nicht zu erfassen, fein, nur von Weisen zu begreifen.“
(Anm.: Bewusstseinserweiterung erfolgt nicht durch Denkanstrengungen, sondern durch Denkauflösung: positiv = Meditation, negativ = psychodelische Drogen. Je weniger wir denken, umso tiefer gelangen wir in den kosmischen Informationsfluss!)
„Aber das Volk verharrt bei seinen Neigungen; ergötzt sich an seinen Neigungen, findet Freude in seinen Veranlagungen, so ist ihnen dieser Gegenstand schwer zu durchschauen, nämlich diese ursächliche Aufeinanderfolge, das Gesetz der ursächlichen Entstehung.“
(Anm.: Gesetz zum Stillstand leidhafter Wiedergeburten in aller Ewigkeit!)
„Es ist ja auch dieser Gegenstand schwer zu schauen: die Stilllegung aller Gestaltungen, die Aufgabe aller Daseinssubstrate, die Vernichtung des Durstes, das Gleichgelten, die Aufhebung, das Nirvana (Erlöschen von Bewusstsein, Empfindung, Schmerzen). Und wenn ich selbst die Wahrheit predigte und die anderen verstünden mich nicht, so wäre das für mich nur erschöpfend.
Mit Mühe bin ich eingedrungen. Genug! Nicht mag ich‘s verkünden, solchen die umstrickt sind von Begierde und Sünde. Sie wollen diese Wahrheit nicht wissen, sie, die gegen den Strom geht, die tief, schwer zu schauen ist, sie sehen solche nicht, die von den BEGIERDEN umstrickt sind, denkfaul und verhüllt in der Masse der Finsternis!“
Während der ERHABENE so erwog, neigte sich sein Geist zur Zurückhaltung, und wir hätten nie erfahren, die Predigt der wahren Lehre!
Und da kam dem Gott Brahma, der in seinem Herzen die Herzensbedenken des Erhabenen erkannte, dieser Gedanke:
„Untergeht fürwahr die Welt, wenn der Geist des vollkommen Erleuchteten zur Zurückhaltung neigt!“
Da nun schlug Gott Brahma seinen Mantel über die eine Schulter und so schnell wie ein starker Mann den eingebogenen Arm austreckt, verließ er den Brahmahimmel und erschien vor dem Erhabenen. Dort ließ er sich mit dem rechten Knie auf den Boden nieder, und indem er in der Richtung, wo der Erhabene war, die zusammengelegten Hände vorstreckte, sprach er zu dem Erhabenen also:
„Es möge der Erhabene die wahre Lehre verkünden! Es gibt Wesen, die von Natur nur wenig Verunreinigung befleckt sind. Die werden Versteher der wahren Lehre sein. Früher erschien im Magadha-Land eine mangelhafte Lehre von befleckten Leuten ersonnen. Jetzt schließe auf dieses Tor der Unsterblichkeit (ohne ewige Wiedergeburten und anschließendes Sterben)! Hören sollen sie die Wahrheit, gefunden von einem Fleckenlosen.
Wie einer, der auf einem Felsen steht, die Welt der Wesen ringsum überschaut: Ebenso besteige du, Weiser, mit dem allumfassenden Buddha-Auge den Turm, der aus der Wahrheit besteht, und überschaue, selber frei von Kummer, die in Kummer verstrickte, von Geburt und Tode beherrschte Welt der Wesen!
Erhebe dich, du Held, du Sieger im Kampf, du Führer der Karawane, du Schuldloser, wandere über die Welt!“
In seiner Barmherzigkeit nahm der Erhabene die Bitte des Gottes Brahma an und überschaute die Welt mit ihren Wesen, die wenig von Verunreinigung befleckt waren und die von falscher Lehre viel befleckt waren, solche mit scharfen Sinnen und solche mit stumpfen Sinnen, solche von guter Art und solche von übler Art, leicht zu Belehrende und solche schwer voller Misstrauen, auch solche, die da lebten, die Furcht vor wahrer Sünde und vor der jenseitigen Welt vor Augen.
Gleich wie die Lotosblumen in einem Teiche in schönen unterschiedlichen Farben, im Schlamm entstanden und im Wasser stehen blieben, auf gleicher Höhe mit dem Wasser stehen oder über das Wasser herausgekommen sind und allen Schmutz von sich abperlen lassen, sie alle gleichen den durch Unwissenheit herumirrenden Menschenwesen.
Da sprach der Erhabene:
„Aufgeschlossen sind die Tore der Nichtwiedergebürtigkeit für die, welche da hören! Aufgeben sollen sie ihren falschen Glauben! Verletzung vermutend, wollte ich nicht aussprechen die mir vertraute, erhabene Wahrheit unter den Menschen, o Brahma, nun folge ich deiner Bitte!“
Nach diesen Worten grüßte Gott Brahma den Erhabenen ehrfurchtsvoll und unter Zukehrung der rechten Seite (Rechtsumwandlung), verschwand er in den Brahmahimmel so schnell, wie er in diese Welt erschienen war.
(Brahma-Samyutta. Pathama vagga Sutta 1.)
Achtsamkeitsübung: Die Drei Betrachtungen der Wahrheit
Stille finden: Setze dich an einen ruhigen Ort und schließe die Augen. Atme tief ein und aus.
Gedanken beobachten: Lasse alle Gedanken kommen und gehen, ohne sie zu bewerten. Wiederhole innerlich: „Je weniger ich denke, desto tiefer erkenne ich.“
Verbundenheit spüren: Stelle dir vor, du sitzt wie der Buddha unter dem Feigenbaum. Spüre die Wahrheit in der Stille. Erkenne, dass du Teil des kosmischen Flusses bist – nicht getrennt, sondern verbunden.