Der Todesstern

Countdown am Himmel

Warum Orion uns bald ein kosmisches Spektakel liefert

Unsere germanischen Vorfahren waren gute Seefahrer, die sich nach den Sternen richteten und laut Geschichte nicht nur Grönland, sondern auch Amerika – 500 Jahre vor Kolumbus – entdeckten und Vinland nannten. In ihrer Wikingerfibel berichteten sie von eigenen Sternbildern wie Thiassis Augen und Urwandils Zehen, die sich wahrscheinlich auf das erste Sternbild Widder (beherrscht den Kopf) und das letzte Sternbild Fische (beherrscht die Füße) bezogen.

Natürlich kannten sie den Kleinen Bären als Odins Wagen, den Großen und Kleinen Wolfsrachen oder Lokis Brandfackel – den Sirius. Doch das schönste Wintersternbild ist und bleibt Freyas Rocken, das helle Sternbild Orion. Es sieht aus wie ein Spinnrocken, den die Wikingerinnen im Winter ans Feuer rückten, um in den kalten Nächten zu spinnen. Wenn im Herbst Fäden aus diesem Rocken zur Erde schweben, spricht man vom „Altweibersommer“ – wobei „Weiber“ im Althochdeutschen noch webari (Weber) hieß. Die Spinnfäden wurden auf ihre mythologische Herkunft zurückgeführt.

Und Fricka beherrschte das Schicksal der Menschen, ebenso wie die drei Nornen, deren Namen sich vom Schnurren des Spinnrads ableitet. Urd (Schicksal) ist die Mutter der Nornen und verkörpert die Vergangenheit. Ihre beiden Töchter, Werdandi (Gegenwart) und Skuld (Zukunftsmaß), weben den Seelenfaden – wenn er reißt, stirbt der betreffende Mensch.

Die Erde hatte einst einen Asteroiden als zweiten, kleineren Mond eingefangen, der entgegen der Mondbahn am Nachthimmel leuchtete und in Island Urdmond genannt wurde. Er verbreitete eine tödliche Seuche, die mit seinem Verschwinden ebenfalls erlosch. Kometen nannten unsere Ahnen wegen ihres Schweifs auch Schaftsterne. Die drei Sterne im Gürtel des Orions können wir als die drei Nornen betrachten.

Ich zeigte meinem geliebten Neffen Patrick einst den Orion in einer klaren Winternacht, und er erkannte ihn mit dem freudigen Ausruf: „Der sieht ja aus wie eine Odal-Rune!“

Der Orion – unser Freyrs Rocken – ist etwa 600 Lichtjahre von uns entfernt. Das bedeutet, sein Licht benötigt 600 Jahre, um unsere Augen zu erreichen. Das Sternbild ist rund 8 Millionen Jahre alt und Teil unserer Milchstraße.

Der „rote Überriese“ auf seiner linken Schulter (aus unserer Perspektive) – Alpha Orionis, besser bekannt als Betelgeuse – ist eine kommende Supernova. Sein Radius übertrifft den unserer Sonne um das Tausendfache; er könnte unser gesamtes Sonnensystem ausfüllen! Mit der 20-fachen Masse unserer 5 Milliarden Jahre alten Sonne ist dieser alte Riese ein Schwergewicht. Seit Beginn wissenschaftlicher Beobachtungen atmet er in Intervallen von etwa 400 Jahren – doch jetzt pulsiert und flackert er unübersehbar, ein Zeichen für eine bevorstehende Explosion.

Gewaltige, schwarze Wolken schleudert er unregelmäßig aus, während seine Leuchtkraft stark schwankt. Er scheint in seine finale Phase einzutreten: Sein Flackern beruht nicht mehr auf der Fusion von Wasserstoff zu Helium, wie bei unserer Sonne, sondern auf dem Übergang zur Kohlenstofffusion, da sein Wasserstoffvorrat erschöpft ist. Schwere, nicht mehr fusionierbare Elemente drücken in seinem Inneren. Die Kohlenstofffusion erzeugt noch massereichere Elemente, während leichtere weiter außen verbrennen – dies führt dazu, dass sich der Stern wie ein heißer Plasmaballon ausdehnt.

Betelgeuse schwillt an, weil ihm der Wasserstoff für die Heliumfusion fehlt. Sobald auch die Kohlenstofffusion erlischt und alle brennbaren Elemente verbraucht sind, kollabiert der Stern unter seiner eigenen Schwerkraft. Ein gewaltiger Strom von Neutrinos wird ausgestoßen, und feinste Gravitationswellen werden die Erde erreichen.

Wir können nur hoffen, dass sein tödlicher letzter Atemzug keine gefährlichen Trümmer Richtung Erde schleudert. Sekunden nach der Explosion – in einer plötzlich mondhellen Nacht – wird nur noch ein unsichtbares Schwarzes Loch übrig bleiben. Das Ende des Überriesen naht, und jeder denkt sich: „Nach mir die Sintflut!“

Literaturtipps zu Thema: Nordische Mythologie & Astronomie:
1. Nordische Mythologie & Sternensagen
📖 „Die Edda“ (Snorri Sturluson)
  • Warum? Die wichtigste Quelle für nordische Mythen – inkl. Nornen, Odins Wagen und kosmologische Vorstellungen.

  • Edition: „Die Edda: Götterdichtung, Spruchweisheit und Heldengesänge“ (Übers. Arthur Häny, 2011).

📖 „Germanische Mythologie“ (Rudolf Simek)
  • Warum? Wissenschaftliches Standardwerk zu Sternennamen wie Thiassis Augen und Urwandils Zehen.

  • Besonders: Kapitel zu Weltbild und Kosmologie der Wikinger.

📖 „Der Schmied der Götter: Die Magie der nordischen Mythen“ (Neil Gaiman)
  • Warum? Unterhaltsame Nacherzählung der Mythen (inkl. Freyas Rocken-Assoziationen).


2. Wikinger & Astronomie
📖 „Sternensteine – Die astronomischen Kenntnisse der Wikinger“ (Gudrun Wolfschmidt)
  • Warum? Analysiert, wie sich Wikinger nach Sternen richteten (Vinland-Fahrten, Sonnensteine).

📖 „The Viking Sun Compass“ (Søren Thirslund)
  • Warum? Fachbuch zur Navigation mittels Sonnen- und Sternenpeilung (engl., aber mit Illustrationen).


3. Moderne Astronomie: Orion & Betelgeuse
📖 „Sterne und Weltraum“ (Zeitschrift, April 2023 – „Der Tod eines Riesen“)
  • Warum? Aktueller Bericht über Betelgeuse als bevorstehende Supernova.

📖 „Das Schicksal des Universums“ (Harald Lesch)
  • Warum? Verständliche Erklärung von Sternenleben, Supernovae und Schwarzen Löchern.

📖 „Cosmos“ (Carl Sagan, Kap. IV: „Himmel und Hölle“)
  • Warum? Zeitlose Verbindung von Mythos und Wissenschaft (z. B. Sternbilder als kulturelle Projektionen).


4. Kulturelle Astronomie (Mythos + Wissenschaft)
📖 „The Sky in Ancient Literature“ (James Evans)
  • Warum? Wie antike Kulturen (inkl. Germanen) Sternbilder interpretierten.

📖 „Sternbilder des Mittelalters“ (Dieter Blume)
  • Warum? Zeigt mittelalterliche Sternbild-Deutungen (z. B. Freyas Rocken als Orion).


Bonus: Belletristik für atmosphärische Inspiration
  • „Die Kinder von Odin“ (Padraic Colum) – Nacherzählung der Edda für Erwachsene.

  • „American Gods“ (Neil Gaiman) – Moderne Mythologie (inkl. nordischer Götter).


Tipp für Archive & Quellen:
  • Museumskataloge (z. B. Wikinger Museum Haithabu) zeigen oft Fibeln mit Sternsymbolik.

  • Altnordische Originaltexte (z. B. „Gylfaginning“) online bei heimskringla.no.

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