Ein Epos über den edlen Reichsritter Florian Geyer in 45 Strophen
Szene I – Im Gutshaus
(Florians Ehefrau Edeltraut:)
1.
Es hat um Erlaubnis gebeten,
ein kirchlicher Bote einzutreten.
Kaum konntest du des Vaters Vermögen erben,
schon dich die ersten Freunde umwerben!
(Florian:)
2.
Wird es mir einmal schlecht ergehen,
kann ich die wahren Freunde sehen!
Lass hören, was der Gottesmann
mir Kluges nun berichten kann!
(Geistlicher zu Florian:)
3.
Der Bischof hatte just vernommen,
zu einem Vermögen wäret Ihr gekommen!
Da will er Euch ermahnen,
zur Schuldbegleichung Eurer Ahnen!
(Florian:)
4.
Vater hatte keine Schulden!
Von mir bekommt ihr keinen Gulden!
Erst zeigt mir ein Dokument,
mit echtem Siegel auf Pergament!
(Geistlicher:)
5.
Dreitausend Gulden zur Sterbezeit
war er dem Priester zu spenden bereit
für einen päpstlichen Sündenablass –
schuldet er uns das!
(Florian:)
6.
Nach dem Aufstand von Wilhelm Tell
befreiten die Schwyzer sich schnell
und hatten die Habsburger vertrieben,
die nun bei den Alemannen verblieben.
7.
Der schwäbische Bund verlieh mir Rechte,
Württemberg zu erobern mit meinen Landsknechten.
Von meiner Heimat Grebelstadt
der Brandenburger mich verdingt danach hat.
8.
1520 hatte ich die Ehre,
von Luther persönlich hören die Lehre:
Was auf Deutsch steht in der Bibel geschrieben,
und welch Unsinn der Papst hat damit getrieben!
9.
Geldspenden machen nicht Sünden frei!
Zur Geburt gehören Vater und Mutter dabei!
Nur ein Gott alleine im Himmel steht,
Jesus ist nur ein Prophet!
(Geistlicher:)
10.
Luther auch dich in die Hölle führt!
Dazu wirst du exkommuniziert!
Tust Abbitte du nicht!
Straft dich Gottes Gericht!
(Florian:)
11.
Zur Zeit der Kreuzzüge sogar
man bei Bauernkrieger sah
einen weißen Ackerpflug
auf schwarzem Tuch!
12.
Wie Joss Fritz aus Bruchsaal,
der leibeigene Bauer 1502 zumal,
aufforderte die gesamte Obrigkeit,
zum Verzicht auf all ihrer Herrlichkeit!
13.
Mit seinem Haufen wartete er im Land,
auf eidgenössigen Beistand!
Der Habsburger kam herbeigeeilt:
Zehn Bauern wurden viergeteilt!
14.
Ihre Köpfe drapierte er auf Stangen,
100 Bauern hielt er als Sklaven gefangen!
Ihre Schwurfinger wurden abgeschnitten,
nur der Anführer war ihnen entglitten!
15.
3000 Gulden werde ich investieren,
um mit 200 Bauern zu exerzieren,
unter dem alten Lösungswort:
„Fürsten und Pfaffen, hinfort! Hinfort!“
(Der Geistliche rennt schreiend aus dem Raum:)
16.
Flieht ihr Leute! Flieht ihr Leute!
Armageddon beginnt heute!
Weiß der Geyer, wer er ist?
Florian heißt der Antichrist!
(Edeltraut:)
17.
Lieber, guter Florian!
Die Ritterrüstung zieh nicht an!
Wenn du gehst, so fürcht ich mich,
für immer zu verlieren dich!
(Florian:)
18.
Was nützen mir Häuser, Land und Geld,
wenn verdorben ist diese Welt?
Dringt Ungeziefer in die Saaten ein,
muss man das Feld davon befrei’n!
19.
Rotenburg mache ich bald sauber
mit dem Bauernheer von der Tauber!
Nach dem Sieg des schwarzen Haufens
werd ich dir ein Rößlein kaufen!
(Edeltraut:)
20.
Kein Rößlein ist es wert,
wenn’s ohne Reiter wieder kehrt!
Vom Vater wurde mir beigebracht,
zu dulden, was der Mann gemacht!
(Florian:)
21.
Nie werde ich dich lassen im Stich!
Zwei Knappen werden begleiten mich!
Dein Bruder hat sie mir mitgegeben,
gut zu wachen über mein Leben!
Szene II – Auf dem Schlachtfeld
(Florian zu Knecht I:)
22.
Das erste Haus steht grad in Brand,
schon kommt der Schuldheiß angerannt
von Königshof, von Ingolstadt;
man keine Kraft zum Kämpfen hat.
23.
Nackte Kirchen sind ihnen geblieben,
denn sie sehnen sich nach Frieden!
Bald werden wir die anderen Freischärler finden
und mit den Neckartalern und Odenwäldern uns verbinden!
(Tag und Nacht vergeht)
(Florian zu Knappe I:)
24.
12000 Mann sind hier zusammengelaufen
zum Haller-Lichterhaufen.
Mainz werden wir bezwingen
und in Würzburg auch eindringen!
(Marketenderin zu Florian:)
25.
Komm, mein süßer Florian,
schau dir meine Tänze an!
Wein kredenze ich zu deinem Glück,
zur fernen Feldmusik!
(Florian, trinkt und spricht:)
26.
Arm ist der Wicht,
den dein Lächeln nicht besticht!
Und gut genießen
kommt vor dem Blutvergießen!
(Knappe I zu Knappe II:)
27.
Das werden wir seinem Schwager sagen
oder ihn selbst erschlagen,
dass er zur Marketenderin
unverblümt hinüberging.
(Tag und Nacht verstrich, der Trompeter ruft zum Appell. Florian sagt:)
28.
Wollt ihr mich bestrafen?
Ich hab noch nicht geschlafen!
Was ruft der Trompeter nur so schnell
den ganzen Haufen zum Appell?
(Knappe I zu Florian:)
29.
Ein Bote kam herangeritten,
zu künden, wie die Freunde stritten:
Ein jeder Freischärler hört,
was der Bote lehrt!
(Bote:)
30.
Ein Bauernheer begangen hat
die Mainz-Berger rohe Bluttat.
Obervogt mit Gefolge tötete der Bauernhaufen
durch Spiessrutenlaufen!
31.
Daraufhin spendete einen Sack voll Geld
Jakob Fugger, der reichste Mann der Welt!
Georg Truchsess von Waldburg konnte damit kaufen
den größten aller Landsknechthaufen!
32.
Jedes einzelne Bauern-Corps
nehmen sich diese Landsknechte vor.
In Würzburg töteten sie 800 Bauern;
Ritter Götz floh über die Stadtmauern.
33.
Jakob Rohrbach, Scharführer in Börkingen,
ließen sie lebendig im Feuer umbringen!
Gefangene, die um Hilfe gewimmelt,
wurden übelst verstümmelt!
34.
Thomas Münzer, der Gottesmann,
führte den Thüringer Haufen an.
Aus drei Zentren unsere Bauernheere sprießen
von Forchheim über Mühlheim nach Gießen!
35.
Tausend Burgen und Klöster wurden zerstört –
alles, was Krone und Kirche gehört!
Münzer wurde bei Frankenhausen geschlagen
und halbtot noch zur Hinrichtung getragen.
36.
Der Kaiser mit diesen Landsknechten
wird den Nährstand ganz entrechten:
Alle Bauerndörfer brennen sie ab
und werfen Frauen wie Kinder ins Massengrab!
37.
Die Juden jedoch verschonen sie
und lassen sie in Ghettos wohnen!
Unser Freiheitstraum naht sich dem Ende –
Luther macht schon eine Kehrtwende!
(Florian zum Bauernhaufen:)
38.
Mir dünkt, es, dass die Katholiken
den Boten uns nur zum Fürchten schicken!
Auf denn! Bauernheer!
Kämpft um unsere Rechte umso mehr!
(Bauernhaufen brüllt:)
39.
Auf, Bauersleute! Auf!
Im Kampfe! Zuhauf!
In Pimper werden unsere Scharen
wahre Kräfte offenbaren!
(Knappe I zu Knappe II:)
40.
Bevor wir unser Leben verlieren,
müssen wir Florian beiseite führen!
Abseits werde ich mit ihm sprechen,
und du ihn von hinten dann erstechen!
( Die Knappen reichen sich die Hände und einer geht zum Florian und spricht zu ihm:)
Zene III – Verrat und Ende
41.
( Der erste Knappe flüstert Florian zu )
Knappe I:
Mein Herr, abseits in ihrem Wagen
will eine Marketenderin Euch etwas sagen!
Ich soll Euch zu ihr führen hin, weil ich verschwiegen bin!
( Florian folgt dem Knappen und tritt in ein schattiges Waldstück )
42.
Florian:
Um deine Nase bist du so blass!
Fehlt dir was?
Du zitterst an alle Glieder!
Hast du Fieber ?
( In diesem Moment sticht der zweite Knappe Florian von hinten mit einem Dolch in den Rücken. Florian, schwer verwundet, zieht sein Schwert und tötet beide Verräter. Er schleppt sich blutend zur Marketenderin und spricht mit gebrochener Stimme )
43.
Florian:
„ Schöne Frau , mich überkommt ein Schwindel, von mein eigenes Gesindel !
Zu sterben im gerechten Streit, wär ich viel lieber jetzt bereit !“
44.
Marketenderin:
Mein allerliebster Florian ! Nie hätt ich ein Leid dir angetan !
Zu einem besseren Ort werd ich dich bringen, deine Taten zu besingen .
( Florian, flüsternd, fast schon im letzten Atemzug )
45.
Florian:
Erlöscht hier mein Leben, sollst du meinen Weibe geben: wie auf unserer Fahne zum Gruß den Bundschuh von meinem Fuss!
Nachtrag:
Während der deutschen Romantik erwachte das Andenken an Florian Geyers mutigen Kampf gegen die Obrigkeit. Besonders in den Burschenschaften erklang das folgende Lied, begleitet von Trommelschlägen:
Gesang über Florian Geyer:
I.
„Wir sind des Geyers schwarzer Haufen, heia hoho!
Und wollen mit Tyrannen raufen! Heia hoho!
Spieß voran, drauf und dran!
Setzt aufs Klosterdach den roten Hahn!
Spieß voran, drauf und dran!
Setzt aufs Klosterdach den roten Hahn!
II.
Als Adam grub und Eva spann, Kyri-eleys!
Wo war denn da der Edelmann? Kyri-eleys!
Spieß voran…
III.
Uns führt der Florian Geyer an, trotz Acht und Bann,
den Bundschuh führt er in der Fahn’, Helm und Harnisch dran!
Spieß voran…
IV.
Bei Weinsberg setzt es Brand und Stank, heia hoho!
Gar mancher über die Klinge sprang! Heia hohoi!
Spieß voran…
V.
Geschlagen zieh’n wir nach Haus, heia hoho!
Unsere Enkel fechten’s besser aus! Heia hoho!
Spieß voran…
(Melodie und Text erstmals in der Weimarer Republik, um 1920, nachgewiesen)
Regie-Tipps
- Bühnenbild: Halte das Setting einfach und roh, passend zur Zeit der Bauernkriege. Nutze Holz, Jute und dunkle Stoffe.
- Lichtdesign: Verwende kontrastreiche Beleuchtung, um die Dramatik zu verstärken. Kalte Farben für den Adel und kirchliche Szenen, warmes Licht für die Bauern und Freiheitsbewegungen.
- Sounddesign: Trommelschläge und Rufe können den Rhythmus des Stücks und die Spannung verstärken. Ein Trommelwirbel könnte beispielsweise die Aufmärsche oder Kämpfe begleiten.
- Kostüme: Einfachheit ist hier zentral. Die Bauern tragen traditionelle, einfache Kleidung, die Ritter Rüstungen, wobei Florians Rüstung ein Erkennungsmerkmal ist.
Schauspiel-Tipps
- Florian Geyer: Florian ist ein starker, charismatischer Führer. Der Schauspieler sollte eine kraftvolle Stimme und Präsenz haben, mit einer leichten Rauheit, die seine Erlebnisse und seine Verzweiflung reflektiert.
- Edeltraut: Sie verkörpert Treue und Fürsorge. Ihre Emotionen sollten die innere Zerrissenheit zwischen Sorge und Stolz auf ihren Mann widerspiegeln.
- Geistlicher: Der Schauspieler sollte die Arroganz und Überlegenheit der Kirche darstellen, mit einer ruhigen, fast heuchlerischen Stimme.
- Knappen: Sie sollten loyal wirken, aber innerlich zweifeln. Mimik und Körpersprache können ihre Unsicherheit und schließlich den Verrat zeigen.