Stätten der Weisheit und des Wissens
Vorwort
In einer Zeit, in der sich die westliche Welt zunehmend mit den philosophischen und spirituellen Traditionen des Ostens auseinandersetzt, ist es von besonderem Interesse, die historischen und kulturellen Wurzeln unserer eigenen Weisheit zu erkunden. Pythagoras, einer der einflussreichsten Denker des antiken Griechenlands, hat nicht nur die Mathematik revolutioniert, sondern auch eine tiefgreifende spirituelle Bewegung ins Leben gerufen. Dieses Kapitel beleuchtet das Leben und Wirken von Pythagoras, seine Klöster und seine Lehren, die bis heute nachwirken und inspirieren.
Die Klöster des Pythagoras
Wenn man von der schönen Insel Samos hört, denkt man sogleich an den süßen, goldenen, nach Honig schmeckenden Wein. Dort erblickte 570 Jahre vor Christi, das Mathematikgenie Pythagoras, Sohn des Menesarchos, die leuchtende Sonne Griechenlands. Perser und Ägypter äugelten mit Handels- und Kriegsflotten auf die kaufmännischen, freien Inselstaaten. Das trieb den herangewachsenen Pythagoras in die Weisheitstempel der Pharaonen. Von dort siedelte Pythagoras in die freien Handelsstädte Süditaliens. Er erlebte, wie seine Stadt Kroton mit einer viertel Million Einwohner die gleich große Konkurrenzstadt Sybaris 510 vor Christi niederbrannte. Pythagoras gründete in Kroton als Avatar des Gottes Apollo sein erstes heidnisches Kloster des Abendlandes. Seine Ordensregeln geboten nur mündliche, geheime Überlieferungen. Von ausgeschiedenen Klosterschülern blieb der Nachwelt jedoch genug Zeugnisse erhalten. Weitere Klöster wurden in Metapont, Tarent und Lakroi errichtet. Dort lehrte Pythagoras die Seelenwanderung und verwarf die sichtbare Welt als falsch und trügerisch, da sie ein unruhiges Medium sei, in dem die Strahlen Helios‘ sich brechen und durch Nebel und Dunkelheit an Leuchtkraft einbüßen. Zur sichtbaren Erscheinungswelt erklärte Pythagoras: „Alles ist Zahl!“ und weiter: „Es gibt Menschen und Götter und Wesen wie Pythagoras!“ Den Seelenkern hält er für etwas Unsterbliches, was in andere Lebewesen verwandelt wird. Alles, was zum Leben kommt, reinkarniert in einem Kreislauf und nichts ist dabei absolut neu. Alles, was Leben in sich trägt, muss als verwandt behandelt werden!
Die strengen Ordensregeln begründete Pythagoras auf der Annahme, dass das Ziel des Menschen im Nachvollzug der göttlichen Weltordnung bestehe, die er nur erkennen könne, wenn man der Trägheit des Körpers durch asketische Übungen entgegenwirke und die Seele durch Reinigungsübungen zur Aufnahme der Weisheit befähige. Aufgrund dieser Wechselwirkung zwischen Seele und Körper kann der Pythagoräer sein Ziel durch Einhaltung von Verhaltensregeln, die gleichzeitig Grundlage des Zusammenlebens sind, erreichen. In der von Pythagoras gegründeten Gemeinschaft wurden Männer und Frauen getrennt aufgenommen. Pythagoras setzte sich für die Demokratie ein und seine Zahlenmagie wurde durch eine Ethik zusammengefasst: Weltgeist (Weltsubstrat) = 1, Erscheinungsform (Dualismus) = 2. 1 (Subjekt) und 2 (Objekt) = 3 (der Philosoph), der sich durch Weisheit am gründlichsten vom Geburtenkreislauf gelöst hat. Noch heute wird Zahlenmagie durch Quersummierung eifrig betrieben, indem man z.B. Buchstaben in Zahlen (gemäß dem Alphabet) umwandelt und Zahlen auf Grundzahlen (1-9) zurückrechnet. So ergibt die Quersumme des Geburtstages vom 16.12.1943 = 1+6+1+2+1+9+4+3 = 27. Da man jedoch in die Grundzahl quersummiert, ergibt 27 = 2+7 = 9, die Zahl der Vollendung. Ohne Zweifel hat Pythagoras die alte griechische Religion reformiert. Den weltlichen Herrschern zu mächtig wurden die Pythagoräer politisch verfolgt, ihre Klöster aufgehoben und der Ordensstifter 480 vor Christi gefangen genommen. Der Legende nach soll sich Pythagoras seiner Hinrichtung entzogen haben, indem er, wie so viele Heilige, „dem Tode durch Levitation (eine Himmelfahrt) entzogen habe!“
Ähnlichkeiten zum Buddha mögen bestehen, aber Pythagoras hatte noch recht ursprüngliche Tabus in seine Ordensregeln, wie: keine Bohnen essen, was man im Gemeinschaftsschlafsaal verstehen kann. Auch sein Bettlaken zu glätten ist noch stimmig. Ferner sollte man nichts zu Boden Gefallenes wieder aufheben, was nur als Opfer an die Erdmutter zu deuten wäre. Warum man nicht mit einem brennenden Licht neben sich in einem Spiegel schauen soll, deutet auf Geisterfurcht. Ebenso das Verbot, nicht auf Querholz zu treten (Streitigkeiten), einen Kranz zu zerreißen (Lebensrad), Brot zu brechen (Gierigkeit), Feuer mit einem Eisen zu schüren, keine Herzen zu essen (Sitz der Lebenskraft) usw.
Wie wohl fügen sich dagegen Buddhas sinnvolle Regeln: 1. Nicht töten, 2. Nicht stehlen, 3. Nicht hurren, 4. Nicht lügen, 5. Nicht berauschen. Denn der Mörder tötet, um zu stehlen. Trägt seine Beute zum Freudenmädchen und verleugnet seine Untat beim Gang ins Wirtshaus, wo er im Rausch sein Gewissen betäubt.
In der heutigen Zeit beginnt die kriminelle Laufbahn bereits mit der Sinnesbetäubung. Zu viele Straftaten wurden im Rausch begangen, wo die letzte Hemmschwelle des Menschen fällt. Wem aber unsere 5 negativen, religiösen Verbote (Silas) zu wenig sind, kann sich auch mit unseren 5 positiven Geboten geistig säubern: 6. Leben erhalten, 7. Almosen spenden, 8. Nächstenliebe pflegen, 9. Nützlich reden, 10. Heil tätig sein.
Für den Laienbruder ist es selbstverständlich, nach der Morgenwäsche und der Abendwäsche eine Rezitation zu sprechen: „Zum Buddha nehme ich meine Zuflucht, den unvergleichbaren Lehrer der Menschen und aller Wesen. Zu seiner Lehre (Dharma) nehme ich meine Zuflucht, die vom Anfang bis zum Ende gut ist. Zu seiner Gemeinde nehme ich meine Zuflucht, die den Glauben lehrt, als wenn man Verdecktes wieder aufdeckt, als wenn man Umgestürztes wieder aufrichtet, als wenn man einem Verirrten den Weg zeigt, als wenn man eine Fackel in der Dunkelheit hält. Wer Augen hat, mag dies erkennen!“
Im weiteren Tagesablauf wird der Laienbruder zur Mittagspause während der Dauer eines Räucherstäbchens meditieren und öfter täglich seine Meditationskette durch Chanten: „Om mani padme hum!“ (Gesegnet sei’s du Wesen der Lotos-Blüte: Buddha!). Wer sich in religiöse oder politische Fragen verirrt, sollte daran denken, dass sie alle bereits einmal an die Macht gekommen waren: die Parteien und Religionsführer, und nur unter dem buddhistischen Kaiser Ashoka (siehe unser Artikel) wahrer Frieden herrschte.
Fazit
Die Philosophie und die Klöster des Pythagoras repräsentieren eine faszinierende Synthese von religiöser, ethischer und wissenschaftlicher Denkweise. Pythagoras‘ Lehren über die Seele, den Kreislauf des Lebens und die Bedeutung der Zahlen haben tiefgreifende Spuren in der westlichen Geistesgeschichte hinterlassen. Trotz der Verfolgung und Aufhebung seiner Klöster lebt sein Erbe in den Prinzipien und Praktiken vieler spiritueller Traditionen weiter. Die Ähnlichkeiten und Unterschiede zu den Lehren des Buddha verdeutlichen die vielfältigen Wege, auf denen Weisheit und Ethik in verschiedenen Kulturen und Epochen zum Ausdruck kommen.
Literatur und Quellen
- Burkert, Walter. Lore and Science in Ancient Pythagoreanism. Harvard University Press, 1972.
- Huffman, Carl A. Philolaus of Croton: Pythagorean and Presocratic. Cambridge University Press, 1993.
- Kahn, Charles H. Pythagoras and the Pythagoreans: A Brief History. Hackett Publishing, 2001.
- Kingsley, Peter. Ancient Philosophy, Mystery, and Magic: Empedocles and Pythagorean Tradition. Oxford University Press, 1995.
Weiterführende Literatur
- Guthrie, W.K.C. A History of Greek Philosophy: Volume 1, The Earlier Presocratics and the Pythagoreans. Cambridge University Press, 1962.
- Zhmud, Leonid. Pythagoras and the Early Pythagoreans. Oxford University Press, 2012.
- von Fritz, Kurt. Pythagorean Politics in Southern Italy: An Analysis of the Sources. Columbia University Press, 1940.
- Riedweg, Christoph. Pythagoras: His Life, Teaching, and Influence. Cornell University Press, 2005.
Diese Werke bieten eine umfassende Auseinandersetzung mit Pythagoras‘ Leben, seinen Lehren und ihrem Einfluss auf die westliche Kultur und Philosophie.