Ein Volk, das sichtbar erleben muss, wie die Religionsführer Wasser predigen und Wein trinken, verliert schnell seinen Glauben. Diese Art von Diskrepanz zwischen Lehren und Handeln hat im Laufe der Zeit das Vertrauen vieler erschüttert. Besonders wenn die Religionsautoritäten keine befriedigenden Antworten auf fundamentale Seinsfragen liefern können, wie etwa die Frage nach dem Leiden und dem Teufel.
Die vorgefertigten Antworten, die oft mit Sätzen wie „Gottes Wege sind unergründlich!“ oder der Erwähnung von Prüfungen eines Allwissenden einhergehen, können als unzureichend empfunden werden, insbesondere wenn es um Themen geht, die auch Kinder betreffen.
Die Aufklärungszeit, angefangen bei Martin Luthers Bibelübersetzung, markierte einen bedeutenden Wendepunkt. Der einst allmächtige Gottesstellvertreter und der als unfehlbar geltende Papst wurden von ihrem Fürstensitz gestürzt. Moderne Fremdliteratur fand Einzug in die Bibliotheken der gebildeten Oberschicht, und die Philosophie des Buddhismus füllte schnell das religiöse Vakuum aus.
Als abendländische Buddhisten betrachten wir jedoch nicht nur die Entwicklungen im eigenen Kulturkreis kritisch, sondern auch die Praktiken der fernöstlichen Mönche. Diese kritische Haltung spiegelt sich in unserer Geschichte wider, vergleichbar mit der Skepsis gegenüber den Hexenjägern der Dominikaner und ihrer Wertegemeinschaft zu anderen Zeiten.
In Ländern wie Thailand, in denen der Buddhismus weit verbreitet ist, kennt auch der Klerus seine schwarzen Schafe. Die Möglichkeit für Straftäter, zwischen Gefängnis und dem Abbüßen ihrer Zeit in einem Kloster zu wählen, zeigt, dass selbst in frommen Gemeinschaften moralische Herausforderungen existieren.
Die Erkenntnis, dass Menschen, selbst unter frommen Mönchen, alten und falschen Überzeugungen verfallen können, erfordert eine differenzierte Wahrnehmung des Reifegrads unter den buddhistischen Bikhuns. Dies ist keine neue Entwicklung, wie uns die ERMAHNUNG III. der Sutta-Nikaya, wie sie in Buch II der Nidana Vagga berichtet wird, lehrt.
Es begab sich in Rajagaha, im Kalanda-kanivapa, dass der ehrwürdige Maha-Kassapa zum Erhabenen kam und sich zu seinen Seiten setzte. Er beklagte sich über den häufig auftretenden Sittenzerfall innerhalb des mächtig ansteigenden Klosterzulaufs. Unbeeindruckt von den Klagen antwortete der Erhabene:
„Gegenwärtig, Freund Kassapa, sind einige Theravadin keine Waldbewohner mehr und preisen auch nicht mehr das Eremitendasein. Sie sind nicht mehr diejenigen, die von der Almosenspende speisen und einfache Leinengewänder in den billigsten Farben (rotgelb) tragen. Diese Mönche sind nicht mehr genügsam und preisen nicht die Zufriedenheit. Sie meiden nicht den unsteten Verkehr und sind wenig energisch in ihrem Streben nach innerer Kraft.
Doch, wenn ein Bikhu wohl bekannt und berühmt ist, wenn er das schlichte Gewand, seine Almosenschale, seine Feldlagerstätte und Medizin für Kranke annimmt und wohltätig einsetzt, dann halten andere Büßer und Prediger ihn für wahrhaft trefflich. Sie wünschen sich, an seiner Seite den heiligen Wandel zu praktizieren.
Geschädigt sind die Freunde des heiligen Wandels durch das, was den heiligen Wandel schädigt! Heimgesucht sind die Freunde des heiligen Wandels durch das, was den heiligen Wandel heimsucht!“
(Auszug aus der gruppierten Sammlung)
Fazit: Den Heiligen Wandel bewahren
In Anbetracht der Herausforderungen des Sittenzerfalls und des Bedeutungsverlusts der Tugend im Abendland liegt die Verantwortung bei jedem Gläubigen, den heiligen Weg zu bewahren. Der ehrwürdige Maha-Kassapa mahnte bereits vor Jahrhunderten vor nachlassender Genügsamkeit und einem Mangel an Eifer im Streben nach innerer Kraft.
Die zeitlose Weisheit lehrt uns, dass der heilige Wandel durch das, was ihn schädigt, beeinträchtigt wird. Es liegt an jedem, sich an die Werte des einfachen Lebens, der Almosenspende und der Zufriedenheit zu erinnern. Durch die Wiederbelebung dieser grundlegenden Prinzipien können wir nicht nur den Wandel in uns selbst, sondern auch in der Gemeinschaft bewahren.
Die Anerkennung und Förderung von Mönchen und Laien, die diese Werte verkörpern, ist von entscheidender Bedeutung. Ihre Vorbildlichkeit inspiriert andere Büßer und Prediger, den heiligen Wandel aktiv zu suchen. Das Bewusstsein für die Heimsuchungen, die den heiligen Wandel bedrohen, sensibilisiert die Gemeinschaft für die Wichtigkeit, diese Herausforderungen zu überwinden.
In einer Zeit des Wandels und der Vielfalt ist es entscheidend, die Essenz des Theravada-Buddhismus zu bewahren. Mögen die Gläubigen gemeinsam den heiligen Wandel pflegen und so zu einer starken Gemeinschaft beitragen.