Gleichmut im Buddhismus

Meditierender Mönch
Bild mit KI erstellt, am 15.09.2024 1:00 Uhr
Bedeutung, Wege zur Erreichung und Beispiele

Einführung: Gleichmut (Upekkhā) ist ein zentrales Konzept im Buddhismus und bezeichnet einen Zustand des inneren Gleichgewichts und der Ausgeglichenheit. Dieser Gemütszustand ist weder durch Anhaftung an Freude noch durch Ablehnung von Leid beeinflusst. Gleichmut wird als eine der „Vier Unermesslichen“ (Brahmavihāras) betrachtet und ist eng mit Mitgefühl, Liebe und Mitfreude verbunden.

Bedeutung des Gleichmuts: Gleichmut bedeutet, die Welt und ihre Erscheinungen in Ruhe zu betrachten, ohne sich von äußeren Umständen oder inneren Gedanken aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen. Es ist die Fähigkeit, inmitten von Schwierigkeiten und Freuden eine ruhige und stabile Geisteshaltung zu bewahren. Der Gleichmütige bleibt frei von emotionalen Extremen wie Wut, Furcht oder übermäßiger Begeisterung.

Im buddhistischen Kontext wird Gleichmut oft mit dem Verständnis von Vergänglichkeit (Anicca) und dem Nicht-Selbst (Anatta) verbunden. Alles im Leben ist im Fluss, und Gleichmut bedeutet, diese Realität zu akzeptieren, ohne daran zu haften oder Widerstand zu leisten.

Wie man Gleichmut erlangen kann:

  1. Achtsamkeit (Sati) üben: Durch regelmäßige Achtsamkeitspraxis kann man sich von den Verstrickungen des Geistes lösen. Achtsamkeit hilft, die eigene Reaktion auf verschiedene Situationen zu beobachten, ohne sofort darauf zu reagieren.

  2. Meditation (Vipassanā): In der Vipassanā-Meditation wird die Vergänglichkeit aller Dinge erkannt. Diese Einsicht hilft dabei, sich weniger von den Höhen und Tiefen des Lebens beeinflussen zu lassen.

  3. Mitgefühl (Karunā) entwickeln: Gleichmut geht Hand in Hand mit Mitgefühl. Wenn man Mitgefühl für andere entwickelt, entsteht automatisch eine größere Gelassenheit gegenüber den eigenen Herausforderungen.

  4. Die Lehren des Dhamma verstehen: Durch das Studium und die Anwendung der buddhistischen Lehren, insbesondere der Lehren über Anhaftung und Verlangen, kann man eine tiefere Einsicht in die Ursachen von Leiden und Freude gewinnen und lernen, in beidem Gleichmut zu bewahren.

  5. Tugendhaftes Leben (Sīla) führen: Ethik und moralisches Verhalten sind ein Fundament des Gleichmuts. Indem man bewusst in Harmonie mit den Prinzipien der buddhistischen Ethik lebt, entsteht eine innere Ruhe.

Beispiele für Gleichmut:

  1. Der Buddha unter dem Bodhi-Baum: Der Buddha erlangte Erleuchtung, indem er sich trotz innerer und äußerer Widrigkeiten nicht aus der Ruhe bringen ließ. Dies symbolisiert den ultimativen Gleichmut gegenüber allen Erscheinungen.

  2. Eine Person, die meditiert: Wenn jemand regelmäßig meditiert, wird er zunehmend fähig, trotz Lärm, Stress oder emotionaler Herausforderungen ruhig und gelassen zu bleiben.

  3. In schwierigen Zeiten gelassen bleiben: Ein Beispiel für Gleichmut im Alltag ist, wenn jemand inmitten von Konflikten oder Krisen nicht in Panik gerät, sondern ruhig und besonnen handelt, ohne von Emotionen überwältigt zu werden.

Schluss: Gleichmut ist ein essentieller Bestandteil der buddhistischen Praxis und ein Schlüssel zum inneren Frieden. Er wird durch kontinuierliche Achtsamkeit, Meditation und ein tiefes Verständnis der buddhistischen Lehren erreicht. Mit Gleichmut kann man sowohl die Höhen als auch die Tiefen des Lebens mit Ruhe und Ausgeglichenheit begegnen.

 

Achtsamkeitsübung zur Entwicklung von Gleichmut (Upekkhā)

Übung: „Die Wellen des Geistes beobachten“

Diese Übung hilft dir, die emotionalen Schwankungen deines Geistes zu erkennen, ohne dich mit ihnen zu identifizieren. Ziel ist es, eine Haltung des Gleichmuts zu entwickeln, indem du lernst, Gedanken und Gefühle mit Ruhe und Akzeptanz zu betrachten, ohne an ihnen festzuhalten.

Dauer: 10–20 Minuten (je nach Wunsch)

Schritte:

  1. Vorbereitung: Finde einen ruhigen, angenehmen Ort, an dem du nicht gestört wirst. Setze dich in eine bequeme, aber aufrechte Position. Du kannst im Schneidersitz auf dem Boden oder auf einem Stuhl sitzen. Halte den Rücken gerade, die Hände entspannt auf den Knien oder im Schoß.

  2. Atem beobachten (2–3 Minuten): Schließe sanft deine Augen und lenke deine Aufmerksamkeit auf deinen Atem. Atme tief ein und aus, ohne den Atem zu verändern. Spüre, wie der Atem in deinen Körper strömt und ihn wieder verlässt. Lass Gedanken und Geräusche im Hintergrund sein – richte deine Achtsamkeit nur auf den Fluss des Atems. Dies hilft, den Geist zu beruhigen und die Übung zu beginnen.

  3. Gedanken und Emotionen beobachten (5–10 Minuten): Richte nun deine Achtsamkeit auf deinen Geist. Beobachte, welche Gedanken, Gefühle oder Erinnerungen auftauchen, ohne sie zu bewerten oder zu verändern. Sei einfach ein stiller Zeuge. Stelle dir vor, dein Geist ist wie ein Ozean, und die Gedanken und Emotionen sind Wellen, die kommen und gehen.

    • Wenn ein Gedanke oder eine Emotion auftaucht, erkenne sie an: „Das ist ein Gedanke.“ oder „Das ist Ärger.“ oder „Das ist Freude.“
    • Betrachte jeden Gedanken oder jede Emotion, als ob du einen vorbeiziehenden Zug beobachten würdest, ohne aufzuspringen. Lass sie kommen und gehen, ohne dich in sie zu verwickeln.
  4. Den Gleichmut kultivieren (3–5 Minuten): Nachdem du einige Zeit damit verbracht hast, deine Gedanken und Gefühle zu beobachten, übe dich darin, eine Haltung des Gleichmuts zu entwickeln. Sage dir innerlich: „Das auch wird vergehen.“ Erinnere dich daran, dass alles – ob angenehm oder unangenehm – vorübergeht. Übe dich darin, die gleiche ruhige Akzeptanz sowohl gegenüber positiven als auch negativen Gedanken und Emotionen zu bewahren.

    Visualisiere einen Berg, der inmitten von Stürmen und Sonnenschein fest und ruhig bleibt. Du bist dieser Berg, der alles mit Ruhe und Stabilität annimmt.

  5. Zurückkehren: Wenn du bereit bist, richte deine Aufmerksamkeit wieder auf deinen Atem. Atme ein paar tiefe Atemzüge und kehre sanft in den gegenwärtigen Moment zurück. Öffne langsam deine Augen und spüre, wie sich dein Körper und Geist anfühlen.

Reflexion:
Nach der Übung kannst du ein paar Minuten damit verbringen, zu reflektieren, was während der Meditation aufgetaucht ist. Gab es Gedanken oder Emotionen, die besonders stark waren? Wie hast du auf sie reagiert? Hattest du Momente, in denen du Gleichmut spüren konntest?

Durch regelmäßige Praxis dieser Achtsamkeitsübung wirst du mit der Zeit lernen, mit mehr Gelassenheit und Gleichmut auf die Herausforderungen des Lebens zu reagieren.


Diese Übung unterstützt den Entwicklungsweg zu mehr innerer Ruhe und Gleichmut und kann in Kombination mit Meditation und täglicher Achtsamkeitspraxis regelmäßig durchgeführt werden.

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