Allgemeinbildende Religionsgeschichte
Im Traum betreten wir eine Welt, in der Geist und Körper auf geheimnisvolle Weise verbunden sind.
Seit Urzeiten versuchen Menschen, Träume zu deuten, als Botschaften aus tieferen Bewusstseinsschichten, aus der Vergangenheit oder gar aus früheren Leben.
Von den alten Traumdeutern bis zur modernen Neuroforschung bleibt der Traum ein Tor zwischen den Welten – zwischen Geist, Körper und Karma.
Viele Menschen berichten von Warnträumen, die sie befolgten und damit großes Unglück vermeiden konnten – das ist unumstritten.
Ebenso, dass ihnen Geister im Traume Todesnachrichten überbrachten, bevor diese ihnen am nächsten Tag übermittelt wurden.
Träume sind keine „Schäume“, wie es gerne der „Herr Pastor“ abtat, nur weil Moses in der Bibel gebot, „Traumdeuter“ zu töten.
Große Wissenschaftler haben ihre besten Ideen aus ihren Träumen gewonnen.
Siemens schlief mit dem Gedanken ein, wie eine Nähmaschine die Arbeit seiner Frau verbessern könnte.
Da träumte er von Wilden in Afrika, die rhythmisch Speere vor seinen Füßen warfen.
Er wachte auf – und wusste, wie eine Nähmaschine zu bauen sei.
Der große Nobelpreisträger Niels Bohr grübelte über die Struktur des Benzol-Atoms und sah sie richtig in seinem Traum.
Im Hörsaal rief er seinen Kollegen zu:
„Meine Herren, achten Sie auf Ihre Träume!“
Träume und die Psyche
Auch die beiden Väter der modernen Psychoanalyse, Sigmund Freud und Carl Gustav Jung, sahen in den Traumbildern Archetypen – Urbilder, die Hinweise auf die Psyche der Träumer geben.
Bekanntlich denken wir immer bildlich und nie abstrakt, wozu Träume und Sinnbilder Brücken bilden.
Wer von einem Haus träumt, bezieht es auf seinen Körper:
Fenster = Augen (Sehen der Außenwelt)
Keller = Unterbewusstsein
Balkon = Busen
Dachsöller = Gehirn
Ameisen = Nervensystem
Wasser = Seele
Kind = Neuigkeit
Feuer = Sinneslust
Muschel = weibliches Geschlechtsteil
Flasche = männliches Geschlechtsteil
Wüste = Einsamkeit
Tod = Ermahnung, etwas an der Lebenserhaltung zu verbessern
Geld = Energie (Gewinn oder Verlust)
Vom Traum zur Wissenschaft
Der russische Nobelpreisträger Iwan Petrowitsch Pawlow (1849–1936) erklärte als Erster, dass seelische Erregung im Gehirn die elektrische Nervenversorgung zum Herzen beeinflusst.
1874 brachte der englische Arzt Caton Elektroden im Gehirn von Tieren an und stellte bei Beleuchtung der Augen Stromschwankungen fest.
Daraufhin entwickelte der deutsche Hirnforscher Hans Berger den Elektroenzephalographen (EEG), indem er Elektroden am Kopf seiner Probanden befestigte und die Schwankungen der Gehirnzellenaktivität auf Papier übertrug.
Mit Hilfe dieser Aufzeichnungen erkannte Berger Schlaftiefe, Länge und Intensität der Träume.
Heute weiß die Traumforschung um die Phasen schneller, biokular synchronischer Augenbewegungen (Rapid Eye Movement – REM).
Dabei sind Häufigkeit und Richtung der Augenbewegungen mit dem jeweiligen Traumbild verknüpft – der Träumer verfolgt mit seinen Augen den Traum.
Zivile (z. B. Sexualstraftäter) oder politische Kriminelle verraten sich durch stärkere Durchblutung zuständiger Gehirnareale bei bestimmten Filmvorführungen.
Menschen, die von Arbeit an einem neuen Arbeitsplatz träumen, können beim Erwachen körperlich erschöpft sein – als hätten sie tatsächlich gearbeitet.
Jugendliche erleben „feuchte Träume“, oder sie essen im Traum vor ihrem Geburtstag von einer Torte und haben am nächsten Tag keinen Appetit mehr darauf.
Was geschieht dann erst mit dem Körper, wenn er von einem Kampf mit wilden Tieren träumt?
Das Erröten eines jungen Mädchens beim Anblick ihres Angebeteten kann ähnliche Ursachen verraten.
Zyklen und Bedeutung
Die Schlafzyklen dauern im Durchschnitt 90 Minuten, die mittleren REM-Phasen etwa 20 Minuten.
Etwa vier bis fünf Traumphasen erfolgen pro Nacht – geballt gegen Schlafende.
Immerhin erleben wir rund 20 % der Schlafzeit im Traum, wo wir uns, wie Plato sagte, in der „Welt der Ideen“ befinden.
Beim Erwachen sollte man seine Träume sofort aufschreiben – sie sind flüchtig und enthalten wertvolle Hinweise.
Wie wichtig Träume für unser seelisches Gleichgewicht sind, zeigen Folterungen durch Schlafentzug, die bis zum Wahnsinn führen können.
Viele Geständnisse wurden später widerrufen – leider ohne immer Gehör zu finden.
Träume müssen nach Kulturkreis unterschiedlich gedeutet werden.
So gilt etwa das Sinnbild der Schlange bei Asiaten als günstig, bei Europäern als bedrohlich.
Beim Kauf eines Traumdeutungsbuchs sollte man auf Kulturkreis und Qualität der Deutungsbegriffe achten.
Oft lässt sich vieles psychologisch erklären:
Naschkatzen sehnen sich nach Liebe.
Auch die alte indische Karma-Lehre bietet Hinweise, die auf Handlungen im Vorleben verweisen könnten – etwa:
Fußkranke waren „Fremdgänger“ im Vorleben usw.
(siehe unser Artikel „Vajna Valkayas“ vom 18. 9. 2022)
Karma
„Das Du in diesem Leben leidest ist ein Wahn,
denn Du hattest einst Gleiches Anderen angetan!
Drum weine nicht mehr in der Nacht,
zu Viele hattest Du schon zum Weinen gebracht!“
(W. Franzson)
Der Buddha sagte:
„Der Geist ist alles – was du denkst, das wirst du.“
Im Traum begegnen wir unserem Denken in seiner reinsten Form.
So zeigt uns jeder Traum, ob wir in Harmonie mit uns selbst sind oder von inneren Schatten getrieben werden.
Wer den Traum achtsam betrachtet, erkennt darin nicht nur Bilder, sondern Hinweise auf das Erwachen – ein kleines Nirvana zwischen Schlaf und Leben.
Literaturtipps
Sigmund Freud: Die Traumdeutung
Carl G. Jung: Über die Psychologie des Unbewussten
Stephen LaBerge: Klarträume – Die Kontrolle des Traumlebens
Tenzin Wangyal Rinpoche: Das tibetische Yogabuch vom Schlaf und Träumen
Aristoteles: Über das Träumen




Kochen in der Krise – Natürliche Vorratsküche für Blackout-Zeiten


unsere heutige Leserfrage:
Können Träume wirklich Botschaften aus früheren Leben oder aus der Zukunft enthalten – oder sind sie nur Spiegel des gegenwärtigen Geisteszustandes?