Auszug aus der Sabbasava-Sutta, Tripitaka
Einstmals, unmittelbar nach der mittäglichen Gehmeditation, sammelte sich das Sangha (Mönchsgemeinde) im Jetavana des Viharas Anatha-pindikas in Savatthi um den Erleuchteten, als er zu ihnen sprach:
„Den Weg zur Bändigung der menschlichen Triebe möchte ich euch zeigen, also höret, und merket wohl: Dem, der erkennt, dem der durchblickt, künde ich die Vernichtung der Triebe, nicht dem, der nicht erkennt, nicht dem, der nicht durchschaut! Gründlich, bedeutend und nicht gründlich bedenkend. Dem, der nicht gründlich bedenkt, dem entstehen eben unentstandene Triebe, und die entstandenen Triebe wachsen. Doch dem, der völlig gründlich durchdenkt, dem entstehen keine unentstandenen Triebe, und die schon bestandenen Triebe schwinden!“
Da gibt es Triebe, die abgetan werden müssen durch EINSICHT. Es gibt Triebe, die abgetan werden müssen durch ÜBUNG. Es gibt Triebe, die abgetan werden müssen durch DULDUNG. Es gibt Triebe, die abgetan werden müssen durch MEIDUNG. Es gibt Triebe, die abgetan werden müssen durch VERTREIBUNG. Es gibt Triebe, die abgetan werden müssen durch EINWIRKUNG.
Nun möchte ich näher auf diese Triebe eingehen:
Da ist ein unedler Alltagsmensch, ohne Einsicht für die Edelgeborenen, unkundig des Aryja-Dhammas (der Edel-Lehre), ohne Einsicht für das Gute. Der erkennt nicht die Dinge, die bedacht werden müssen und unbeachtet bleiben sollten. Indem er die Dinge, die bedacht werden müssen, nicht erkennt und die Dinge, die nicht bedacht werden, aber beachtet, so beschäftigt er sich mit nutzlosen Ablenkungen seines Lebens.
Das sind die Dinge, die nicht bedacht werden müssen, aber wenn er sie bedenkt, entsteht ein nichtentstandener Lusttrieb, und ein entstandener Lusttrieb wächst. Gleiches wie beim Lusttrieb geschieht mit dem Werdetrieb und dem Wissenstrieb. Wer ungründlicherweise bedenkt: „Was war ich wohl im vorherigen Leben? Was werde ich wohl im zukünftigen Leben?“ (Anm. von uns: Das gegenwärtige Schicksal offenbart die Taten seiner vorherigen Geburten, und seine gegenwärtigen Taten gestalten sein zukünftiges Schicksal.)
Bei ihm, der so ungründlich bedenkt, entsteht eine dieser Ansichten:
„Ich habe ein Atta (Selbst).“
„Ich habe kein Atta (Anatta).“
„Vermittelst des Attas erkenne ich das Atta.“
„Vermittelst des Anatta erkenne ich das Anatta.“
Wer zur Ansicht gelangt: „Dieses mein Ich hier, das offenbar hier und dort die Frucht guter und böser Werke spürt, ist unvergänglich, dauernd, ewig, nicht dem Wechsel unterworfen, sich ewig gleich bleibend“ (Anm. von uns: Wie könnte sich eine solche Seele dann sonst ändern und verbessern?). Das heißt: die Falle der Ansichten, Wildnis der Ansichten, Irrpfad der Ansichten, Puppenschau der Ansichten, Schattenspiel der Ansichten. Der von diesen Ansichten Gefesselte, der unedle, unbelehrte Alltagsmensch, wird nicht erlöst von Geburt, Altern, Krankheit, Kummer, Schmerzen, Elend, Mühen, Unrast, Verzweiflung, Verluste, Enttäuschung und Sterben.
Ein wohlbelehrter Hörer des Edlen aber, voll Einsicht für die Edelgeborenen, kundig des Aryja-Dhamma, wohlerzogen in die Edel-Lehre (Buddhismus), voll Einsicht für die Guten, kundig der Guten-Lehre (die eine gute Zukunft sichert), erkennt die Dinge, die bedacht werden müssen. Diese bedenkt er:
„Dies ist das LEIDEN“ bedenkt ein solcher gründlich.
„Dies ist die LEID-ENTSTEHUNG“, bedenkt er.
„Dies ist die LEIDENSVERNICHTUNG“, bedenkt er.
„Dies ist die VERNICHTUNGS-METHODE“, bedenkt er gründlich.
Dem schwinden die drei Fesseln:
Der GLAUBE an ein eigenes Ich.
Der ZWEIFEL an einen Ausweg.
Die SUCHT nach Askese.
Das nennt man Triebe, die abgetan werden müssen durch EINSICHT!
Achtsamkeitsübung:
- Finde einen ruhigen Ort, an dem du ungestört sitzen kannst. Setze dich bequem hin, mit aufrechter Haltung und geschlossenen Augen.
- Atme tief ein und aus, und richte deine Aufmerksamkeit vollständig auf deinen Atem.
- Visualisiere deine „Triebe“ oder inneren Regungen als Wolken am Himmel. Beobachte sie, ohne zu urteilen, und lasse sie sanft vorbeiziehen.
- Wiederhole innerlich: „Ich erkenne, was kommt. Ich lasse los, was geht.“
- Nach einigen Minuten wende deine Aufmerksamkeit auf deinen Körper und spüre, wie Frieden und Klarheit sich ausbreiten.